Inflation und Zinspolitik haben den Immobilienmarkt in den vergangenen Monaten durcheinandergewirbelt. Viele Anleger sind verunsichert, wohin die Reise gehen wird und ob es überhaupt sinnvoll ist, in Immobilien zu investieren. Immobilienexperte Timotheus Künzel sieht für Anleger trotz der Zinswende gute Chancen, Vermögen aufzubauen, obwohl die Preise leicht gesunken sind. »Die Immobilienpreise haben ein Stück weit nachgegeben. Auf der anderen Seite haben wir noch nie eine so hohe Nachfrage nach Mietraum erlebt; die ist nämlich nach dem letzten Quartalswechsel um knapp 48 Prozent gestiegen«, sagt er. Die Realmieten seien zudem schon um 3,4 Prozent gestiegen und würden in den nächsten Monaten und Jahren weiter steigen.
»Das ist das Ergebnis der aktuellen Inflationspolitik, zumindest ein Faktor für die Steigerung. Die Immobilienpreise haben leicht nachgegeben, aber die Pessimisten waren doch überrascht, wie wenig sie dann tatsächlich nachgegeben haben«, meint der Experte. »Wir haben einen historisch hohen Zinsschritt erlebt, eben eine Zinswende, aber die Preise sind relativ stabil geblieben.« Verglichen mit dem deutlich volatileren Kapitalmarkt sei der Immobilienmarkt viel robuster. Und die Preise würden wieder steigen: Eine Studie des Pestel-Instituts und des Bauforschungsinstituts ARGE kommt zu dem Ergebnis, dass 2023 ein Rekord-Wohnungsmangel droht. Es fehlen demnach über 700.000 Wohnungen. Aus Sicht der Anleger sei jetzt eine gute Gelegenheit zu investieren, weil Kaufpreise und Mieten steigen würden.
Die richtige Strategie für jeden Anleger
Wer in Immobilien investieren möchte, hat viele Möglichkeiten wie Mikroappartements für Pendler über Ferienimmobilien bis zu Mehrfamilienhäusern. Hier gilt es, für sich das Richtige zu finden. »Zuallererst sollte man sich die Frage stellen, ob man fachlich versiert genug ist, sich mit komplexeren Direkt-Investments heranzuwagen, wie zum Beispiel Gewerbeimmobilien, denn hier gibt es einige Besonderheiten, genau wie bei Ferienimmobilien.« Man sei nämlich immer darauf angewiesen, dass diese Immobilien auch ausgelastet sind, damit die Rendite stimmt. Für den Einstieg eigneten sich Wohnimmobilie wie eine Eigentumswohnung: »Das ist aus meiner Sicht die einfachste Form für ein Kapitalinvestment.« Allerdings berge eine vermietete Wohnimmobilie durchaus Aufwand. Der Eigentümer sei immer erster Ansprechpartner, wenn der Mieter etwas brauche, es gebe zudem ein Mietausfallrisiko. »Es ist ein Rattenschwanz. Es gibt aber auch extrem viele Chancen. Für mich ist das die beste Anlageklasse, vor allem in diesem Marktumfeld, um planbar Vermögen auszubauen«, meint Timotheus Künzel. Zudem gebe es steuerliche Vorteile. Wer den Aufwand scheue, könne auch Fullservice-Dienstleister engagieren, die den Mietausfall absichern und sich um die Kommunikation mit dem Mieter kümmern.
Auf die richtige Finanzierung kommt es an
Nicht wenige Anleger nehmen Kredite auf, um in Immobilien investieren zu können. Auf den ersten Blick mag das verwundern, doch Timotheus Künzel sieht darin klare Vorteile. »Mit einer Kreditfinanzierung kann man den Leverage-Effekt, also den Hebel-Effekt, nutzen.« Die Finanzierungsdauer hänge davon ab, was man vorhabe. Bei einem Fix & Flip-Deal biete sich beispielsweise eine variable Finanzierung an, weil man keine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen muss, wenn das Objekt frühzeitig verkauft wird. Zudem könne man von einem günstigen Zinssatz profitieren, habe allerdings auch ein Zinsänderungsrisiko. Wenn man die Immobilie halten möchte, sei eine Zinsbindung von zehn Jahren sinnvoll. »Zehn Jahre sind Standard, weil man die Immobilie dann steuerfrei verkaufen kann. Wenn man längere Laufzeiten von 20 oder 25 Jahren wählt, kann man trotzdem nach zehn Jahren mit einer Anschlussfinanzierung nachjustieren und so den Cashflow optimieren.«
Energetische Sanierung bietet Chanen
Ein weiterer Aspekt sei die energetische Sanierung, die laut Künzel durchaus Vorteile habe. »Je besser die Energieeffizienz, desto besser ist die Vermietbarkeit, weil geringere Energiekosten anfallen.« Das sei für den Anleger ein wesentlicher Vorteil. Man dürfe sich nicht abschrecken lassen, beim Thema Energieeffizienz ändere sich immer wieder etwas, immer wieder neue Beschlüsse gefasst. »Aber da muss man immer dranbleiben und sich auf keinen Fall von einem Immobilieninvestment abhalten lassen«, meint Künzel. Und wer nicht direkt in eine Immobilie investieren will, kann auch in Fonds investieren. »Geschlossene und offene Fonds können eine Lösung sein, da kommt es dann auf das Risikoprofil an.« Ein offener Fonds sei risikoärmer als ein geschlossener, biete aber auch weniger Renditepotenzial. Beim offenen werde diversifizierter investiert, beim geschlossenen eher in wenige Immobilien, dafür habe man ein Haftungsrisiko, aber wiederum mehr Rendite. »Grundsätzlich steigt das Risiko mit der Rendite. Da muss man für sich schauen, was am besten passt.«
MK