Deutschlands Immobilienkrise zieht immer weitere Kreise, insbesondere der Wohnungsbau hat derzeit zu kämpfen. Die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen ist laut des Statistischen Bundesamtes im ersten Halbjahr um rund ein Viertel eingebrochen. Das wird die Probleme auf dem Wohnungsmarkt vor allem in Ballungszentren weiter verschärfen. Die gestiegenen Kosten auf allen Ebenen führen zu Mieten, die auf dem Markt nicht darstellbar sind und die die Baufirmen nicht einfach an die Mieter weitergeben können. Das bringt die Unternehmen in ernste Schieflage, die Nachrichten über Unternehmen in der Insolvenz reißen nicht ab. So hat beispielsweise der Projektentwickler Gerch, der auf Büroimmobilien und Wohnquartiere spezialisierte ist, Ende August für vier Gesellschaften Insolvenz angemeldet, ebenso der Luxus-Immobilienentwickler Euroboden und die Nürnberger Project-Immobilien-Gruppe.
Und das scheint kein vorübergehendes Problem zu sein. »Wir sind am Ende eines zehn bis 15 Jahre andauernden Immobilienbooms«, wird Moritz Schularick, Leiter des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel, von der der »Financial Times« zitiert. Jeden Tag werde ein anderer Bauträger pleite gehen, die alten Finanzierungsmodelle seien nicht mehr tragfähig, begründet er die Schieflage.
Das Hauptproblem im deutschen Wohnungssektor sei ein Mangel an Liquidität, wird Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB), von der Zeitung zitiert. Zinsgünstige Darlehen für Hauskäufer, eine Lockerung der strengen Energieeffizienzstandards bei Neubauten sowie Investitionszuschüsse für öffentliche Wohnungsbaugesellschaften könnten der Branche helfen, sich zu stabilisieren. Eine Marktbereinigung scheint dennoch nicht abwendbar: Niklas Köster, ein Professor für Immobilienwirtschaft, prognostiziert im »Handelsblatt«, dass etwa 20 bis 30 Prozent der kleineren und mittelständischen Projektentwicklungsunternehmen in den nächsten Jahren vom Markt verschwinden würden.
Die Krise zieht weite Kreise, auch Anleger, die in Immobilienfonds investiert haben, sind betroffen. So haben allein 30.000 Privatanleger in die Fonds der bayerischen Project-Immobilien-Gruppe aus Nürnberg und Bamberg 1,4 Milliarden Euro investiert, schreibt das »Handelsblatt«. Und das ist nur ein Beispiel aus einer langen Liste betroffener Unternehmen. Zudem gibt es im Kapitalmarktrecht für Aktienwertpapiere keinen staatlichen Einlagenschutz, Anleger stehen also schutzlos da und in der Schlange der zu entschädigenden Beteiligten ganz hinten.
MK