Der steigende Bedarf und geopolitische Entwicklungen bleiben spannend
Jahrtausendelang existieren Seltene Erden in der Erdkruste und jetzt wollen sie alle haben. Unsere moderne Technologiegesellschaft benötigt sie aufgrund der Beschaffenheit dieser Metalle und sie werden immer wichtiger. Seltene Erden werden in sehr vielen zukunftsgerichteten Industriezweigen benötigt, vor allem in Bereichen der Energiewende. Das macht Seltene Erden zu einem wichtigen Rohstoff und damit auch zu einem interessanten Sachwert. Auch, wenn das Thema Seltene Erden derzeit hochaktuell ist, ist es nicht neu.
Die Entdeckung der Seltenen Erden in Ytterby in Roslagen in Schweden geht in das Jahr 1788 zurück. Einige Jahre später, 1794, erkannte der Chemie-Professor Johan Gadolin die besonderen Eigenschaften des im Erz enthaltenen Metalls. Bis das Metall aus dem Erz gewonnen werden konnte, vergingen allerdings noch rund 50 Jahre. Aus diesem Umstand leitete sich der Begriff Selten ab, und Erden wurden seinerzeit Oxide genannt. Der Name ist ein wenig irreführend. Selten sind die Metalle nicht, nur ihr Abbau gestaltet sich als schwierig.
China ist Hauptlieferant
Europa ist laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) derzeit zu mehr als 90 Prozent auf Importe aus China angewiesen. Zwar gibt es auch in Schweden und Grönland Vorkommen von Seltener Erde, das Problem ist aber, dass der Abbau Seltener Erden nicht ganz einfach und der Ertrag an Metallen nicht einzuschätzen ist. In Sachsen beispielsweise schlummern Seltene Erden; der Abbau hat sich aufgrund der geringen Menge an Metallen in dem Erz jedoch als unwirtschaftlich erwiesen. Zudem sind Zulassungsverfahren sehr langwierig. Für Investoren also sehr risikoreich. China begann bereits in den 1980er Jahren, den Abbau und die Verarbeitung seltener Erden zu forcieren und ist deshalb der Hauptlieferant Seltener Erden. Seit dieser Zeit hat das Land beträchtliche Investitionen in Entwicklung und Bergbautechnologien und -infrastruktur gesteckt. Die weltweite Industrie wurde also hauptsächlich aus China versorgt. Die Kehrseite der chinesischen Dominanz ist aber spätestens in der Coronapandemie mit seinen Lieferkettenproblemen bewusst geworden. Die aktuelle Exportbeschränkung seitens China verschärfen dieses Problem und machen deutlich, wie wichtig eine Unabhängigkeit Europas hier ist.
Deswegen hat die Europäische Union (EU) im März 2022 die Critical Raw Materials Act (CRMA), die die Versorgung der EU mit kritischen Rohstoffen sicherstellen soll, verabschiedet. Sie soll bis Ende dieses Jahres in Kraft treten. Das Gesetz umfasst neben Metallen der Seltenen Erden weitere metallische Rohstoffe, die für den Industriestandort Europa wichtig sind. Unter anderem sollen Genehmigungsvorschriften für neue Bergbauprojekte gelockert werden und eine gemeinsame Beschaffungsplattform der Rohstoffe auf EU-Ebene entstehen. Niemand kann aber sicher sagen, wie ertragreich die Vorkommen in Schweden und Grönland wirklich sind und inwieweit sich Europa von China unabhängig machen und den infrastrukturellen Vorsprung Chinas einholen kann. Zudem hat das Land auch in Forschung und Entwicklung im Bereich Seltener Erden investiert und innovative Verarbeitungstechnologien entwickelt, was seine Wettbewerbsfähigkeit stärkt.
Der Bedarf wird steigen
Wie sich diese Maßnahmen der EU geopolitisch auswirken werden, wird sich zeigen und bleibt spannend. Was Seltene Erden für ein Investment aber jetzt schon interessant macht, ist der steigende Bedarf. Die Metalle werden immer bedeutender, da sie für zahlreiche Zukunftstechnologien verwendet werden. Sie stecken in Energiesparlampen und in Batterien von Hybrid- oder Elektrofahrzeugen. Praseodym, Neodym, Terbium und Dysprosium zum Beispiel kommen in Magneten zum Einsatz, die wiederum für grüne Technologien und der Energiewende benötigt werden. Für Hochleistungsmagneten in Windkrafträdern werden mitunter mehrere hundert Kilogramm Metalle verarbeitet. Auch die LED-Technologie ist auf Seltene Erden angewiesen – Smartphones, Flachbildschirme oder Notebooks funktionieren ohne sie nicht. Zudem erfordern unsere künftigen Technologien Forschung für Innovationen, auch hier werden Seltene Erden und andere Technologiemetalle eine wichtige Rolle spielen.
Der Bereich, für den Metalle der Seltenen Erden benötigt werden, ist groß und wird wachsen. Und noch fehlt dem Thema Recycling aus Elektroschrott die ökologische und ökonomische Reife. Weltweit landen laut der Global E-Waste Monitor 53,6 Millionen Tonnen Elektroschrott landen pro Jahr auf dem Müll, davon wird aber nicht einmal die Hälfte fachgerecht entsorgt. Es wird vermutlich noch dauern, bis der Bedarf an strategischen Metallen nennenswert durch Recycling ergänzt werden kann.
Ein neuer Rohstoffzyklus
Für eine Investition in Seltene Erden ist das Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage – ungeachtet der geopolitischen Entwicklungen – derzeit interessant. Laut Andreas Kroll, einem Experten für Technologiemetalle von Noble Elements, beginnt gerade ein neuer Rohstoffzyklus nach fossilen Energien wie Kohle oder Öl, rein in Windkraft und Wasserstoff, wie er in einem Interview mit wirtschaft tv sagt. Er ist der Meinung, dass eben aufgrund der Schwierigkeiten des Abbaus, die Nachfrage größer bleiben wird als das Angebot. Gleichwohl weist er darauf hin, dass es dennoch Volatilitäten geben kann. Wichtig sei auch, auf die Kosten für das Investment zu achten. Insgesamt sehe er beim Investment dieselben Chancen wie bei anderen Rohstoffen, etwa Edelmetallen, auch.
Seltene Erden: Wie investieren?
Wie bei vielen anderen Rohstoffen auch, gibt es verschiedene Wege, in Seltene Erden zu investieren.
Investition in Bergbauunternehmen: Ein solches Investment kann Aktien von Bergbauunternehmen oder Unternehmen der Lieferkette umfassen.
ETFs und Fonds: Anleger können mit spezialisierten ETFs und Fonds indirekt in den Sektor investieren, ohne einzelne Aktien auswählen zu müssen.
Rohstoff-Futures: Sie könnten Rohstoff-Futures handeln, die auf den Preisen Seltener Erden basieren. Dies erfordert jedoch ein tiefes Verständnis der Rohstoffmärkte und birgt ein höheres Risiko.
Royalty-Unternehmen: Anleger können in Royalty-Unternehmen investieren, diese Unternehmen investieren ihrerseits in Bergbauunternehmen und werden dafür an Einnahmen beteiligt.
Seltene Erden in physischer Form: Anleger können physische Seltene Erden kaufen.
Bei einer Investition in physischer Form sollten sich Anleger über die Möglichkeiten der Lagerung informieren. Hier gibt es wie bei anderen Rohstoffen auch verschiedene Möglichkeiten. Mittlerweile können Metalle auch über die Blockchain-Technologie erworben werden. Der Anleger erhält für jedes Gramm seiner erworbenen Technologie- und Edelmetalle sowie Seltenen Erden einen so genannten Protokoll-Token. Der Eigentümer kann über die Blockchain feststellen, dass sein Metall auch tatsächlich vorhanden ist. Anleger müssen die Metalle also nicht Zuhause aufbewahren. Spezialisierte Händler halten entsprechenden Lagerstätten vor. Mit der Blockchain-Technologie und dem Protokoll-Token soll der Käufer eine größtmögliche Sicherheit vor Betrug erhalten. Per Tokenisierung wird die Existenz des Metalls, seine Einlagerung, der Einlagerungsort und die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Handelscharge auf der Blockchain gespeichert. So haben nur am Handel Beteiligte Zugriff zu diesen Daten. Die Frage, wie Anleger investieren, ist individuell zu beantworten. Wie bei allen Assets und Anlageformen sollte sorgfältig bedacht werden, welcher Anteil im Portfolio sinnvoll ist, welche Risiken sie jeweils in sich tragen und welche Anlagehorizonte sinnvoll sind; Letzteres vor allem auch in Bezug auf geopolitische Entwicklungen. Und: Auch wenn Seltene Erden für die Energiewende von großer Bedeutung sind, ist der Abbau kostenintensiv, umweltschädlich und nicht unumstritten.
MK
Den gesamten Beitrag »Seltene Erden – Rohstoff der Zukunft?« und weitere spannende Texte lesen Sie im aktuellen Sachwert Magazin ePaper Ausgabe 129 –> LINK