Für viele Menschen noch abstrakt, für andere ein besseres Computerspiel: Das Metaverse muss sich noch gegen viele Kritiker behaupten. Unterdessen wächst es zu einem interessanten Business mit vielen Möglichkeiten. Wie weit die Entwicklung vorangeschritten ist, erklärt Krypto-Experte David Glades in unserem Interview.
Herr Glades, viele große Unternehmen setzen auf das Metaverse und investieren in Technologien, die dafür nötig sind, zum Beispiel in die Entwicklung der VR-Brillen. Welche Investitionen ins Metaverse eignen sich für Privatanleger?
Die Beliebtheit des Metaverse hat im Zusammenhang mit dem Einbruch der Finanz- und Kryptomärkte ebenfalls massiv nachgelassen, das vorhandene Potenzial sollte man aber nicht absprechen. Ähnlich wie bei den NFTs hat die Wachstumsrate der Metaverse-Plattformen alle Rekorde gebrochen und zu branchenübergreifenden Innovationen in diesem Bereich geführt. Viele der großen Konzerne setzen auf die Entwicklung und die Integration von Metaverse-Lösungen in ihren Geschäftsmodellen. Dabei sind die bisherigen Entwicklungen echt bemerkenswert, auch wenn diese nicht so oft in der Öffentlichkeit diskutiert werden.
In einem Bericht der Beraterfirma Gartner, den ich erst vor wenigen Tagen gelesen habe, wird prognostiziert, dass ungefähr jeder Vierte mindestens eine Stunde am Tag im Metaverse verbringen wird. Das bietet enorme Wachstumsmöglichkeiten für Unternehmen, die in das Metaverse investieren. Dabei können Anleger prinzipiell zwischen drei Möglichkeiten auswählen: NFTs, Kryptowährungen und traditionelle Aktien von Unternehmen, die massiv in das Metaverse investieren. Durch den Erwerb von NFTs können Anleger ihre Eigentumsrechte für Objekte im Metaverse sichern. Außerdem verfügen einige Metaverses über Plattform-interne Kryptowährungen, die für den Erwerb von Objekten innerhalb der jeweiligen virtuellen Welt verwendet werden können. Diese Kryptowährungen können in der Regel auf allen gängigen Handelsplattformen erworben und veräußert werden. Aufgrund der Tatsache, dass viele große Konzerne bereits Investitionen in Milliardenhöhe im Bereich des Metaverse getätigt haben, stellt der Erwerb von Beteiligungen an diesen Unternehmen eine zentrale Möglichkeit für eine Investition in das Metaverse dar. Für Menschen, die einen besonderen Spaß an Videospielen haben, könnte die Play-to-Earn-Methode äußerst interessant sein.
Im Metaverse kann man also auch zum Beispiel in virtuelle Immobilien und Grundstücke investieren, oder virtuelle Events veranstalten, für die die Besucher NFTs oder Token kaufen und mit Kryptos bezahlen müssen. Das sind keine realen Werte, sie haben keine Substanz. Sind Mensch, Markt und Infrastruktur schon reif für ein solch abstraktes Konstrukt?
Ich glaube, die Entwicklung der letzten Jahre sollte uns allen gezeigt haben, dass die von Ihnen angesprochenen Akteure bereits über eine gewisse Mindestreife für solch abstrakte Konstrukte verfügen. Kryptowährungen wurden von Anfang an mit dem Argument der fehlenden realen Werte konfrontiert. Nichtsdestotrotz hat sich die Technologie bewährt und der Kryptomarkt konnte weiteres Wachstum verzeichnen. Das gleiche Schicksal wird wahrscheinlich auch das Metaverse treffen. Hierbei gibt es außerdem einen bedeutsamen Unterschied: Während die Schaffung eines realen Wertes oder eines Mehrwertes bei Kryptowährungen für viele Menschen noch bis heute unerklärlich bleibt, ist der Bezug zu realen Werten beim Metaverse deutlich leichter zu erkennen. Als Beispiel kann die NFT-Kollektion von Nike angeführt werden. Bei dem Erwerb eines Paares aus dieser Kollektion bekamen die Käufer einen exklusiven Zugriff auf die Version dieser Schuhe in der realen Welt. Auch der Arbeitsmarkt zeugt bereits von Reife in Bezug auf das Metaverse. Viele große Unternehmen veröffentlichen schon seit längerer Zeit Stellenausschreibungen für Metaverse-Positionen im Marketing, Design und vielen anderen Bereichen.
Ist ein virtueller Raum wie das Metaverse ein rechtsfreier Raum? Wie weit ist die Gesetzgebung für diese virtuelle Welt und wie global ist sie?
Entgegen dem Glauben vieler Menschen stellt das Metaverse keinen rechtsfreien Raum dar. Das mag viele verwundern, die sich mit der Thematik noch nicht befasst haben. Aber es ist so in der Tat. Es gibt einige Gesetze, die ihre Geltung auch der virtuellen Welt des Metaverse beibehalten. Die offensichtlichen sind dabei die Steuergesetze. Im Jahr 2019 gab es eine interessante Entscheidung des Finanzgerichts in Köln, wobei entschieden wurde, dass die Vermietung von NFT-Grundstücken im Metaverse umsatzsteuerpflichtig sein kann. Zusätzlich kommen auch die Datenschutzregelungen zur Geltung. Weniger offensichtlich mag dabei die Geltung des Urheberrechts sein. Somit dürfte ich in einem öffentlich zugänglichen Metaverse keine virtuellen Schuhe verkaufen, die Adidas heißen und drei Streifen als Logo haben.
Wenn es darum geht, zu entscheiden, wie global die Gesetzgebung im Metaverse ist und in der Zukunft sein wird, gestaltet sich die Antwort eher schwierig. Aufgrund der Anonymität, die dem Metaverse zugrunde liegt, ist eine Identifikation des aktuellen Wohnortes einer Person aus dem Metaverse technologisch aufwendig und rechtlich nicht durchsetzungsfähig. Welches Recht bei einem Gesetzesverstoß also greifen wird, ist somit nicht abschließend geklärt. In der Zukunft wird es diesbezüglich sicherlich interessante Ansätze geben. Zusammenfassend kann man also sagen, dass es keine globale Gesetzgebung für das Metaverse gibt, wobei einige der aktuell bestehenden Gesetze ihre Anwendung auch in virtuellen Räumen finden.
Metaverse, Kryptos, Blockchains – alles wird dezentral gesteuert. Auch der Handel mit und durch diese neuen Technologien. Welche Rollen werden Staat, Banken und Versicherungen spielen?
Auch wenn es so erscheinen mag, als würde alles, was mit den von Ihnen genannten Technologien verbunden ist, nur in der virtuellen Welt passieren, sind die Folgen bestimmter Entscheidungen in der realen Welt spürbar. Alleine schon die erhebliche Marktkapitalisierung von Kryptowährungen, die auch nach dem Einbruch der Kurse immerhin 900 Milliarden US-Dollar beträgt, ist Anlass genug, eine regulatorische Intervention durch den Staat zu antizipieren. Der regulatorische Eingriff durch den Staat hat bereits durch die Erweiterung des Kreditwesengesetzes und die Einführung des elektronischen Wertpapiergesetzes begonnen. Die Finanzkrise im Jahr 2008 hat zu einer Vielzahl von Regulierungen im Finanzsektor geführt. Seither spielen Einlagensicherung, Risikomanagement und viele weitere Komponenten eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, große Geldsummen innerhalb eines Sektors zu überwachen und zu regulieren. Aufgrund der Tatsache, dass Banken und Finanzdienstleister bereits über ausgiebige Erfahrungen in solchen Regulierungen verfügen, werden diese in der Zukunft auch zur Regulierung der Kryptomärkte eingesetzt werden.
Kritiker meinen, das Metaverse sei nur ein herausgeputztes Computerspiel und der Hype sei nicht gerechtfertigt. Dem gegenüber steht fast schon eine Goldgräberstimmung. Ist das ein guter Ausgangspunkt für Privatanleger, Geld zu investieren?
So wie jeder andere kann ich leider auch nicht in die Zukunft schauen. Deshalb würde ich mich bei der Bestimmung eines geeigneten Einstiegspunkts für Privatanleger enthalten. Ich kann aber einige Argumente dafür anführen, weshalb es meiner Ansicht nach eine sinnvolle und gewinnbringende Entscheidung sein kann, in das Metaverse zu investieren. Laut einem Artikel von Gartner haben NFTs bereits den sogenannten Höhepunkt der aufgeblasenen Erwartungen erreicht. So nehme ich das auch persönlich in alltäglicher Berührung mit NFTs wahr. Somit befinden sich NFTs gerade in einer innovativen Phase, in der der Fokus nicht mehr auf die öffentliche Wahrnehmung und den Hype gelegt wird, sondern viel eher auf die Entwicklung wertvoller technologischer Lösungen. Weil NFTs eine wichtige Rolle für das Metaverse spielen, kommt diese Entwicklung sehr gelegen, da das Metaverse sich gerade erst am Anfang ihrer umfangreichen Entwicklung befindet. Dadurch kann man massive Veränderungen im Metaverse im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung von NFTs erwarten.
Aus Sicht der Anleger ist es wichtig, Folgendes im Kopf zu bewahren: Objekte im Metaverse werden als NFTs erworben und veräußert. Die Veräußerung dieser kann aber auch auf anderen Handelsplattformen stattfinden. Somit ist es nicht ausgeschlossen, dass das erworbene virtuelle Grundstück in der Zukunft nicht nur innerhalb des Metaverse an Wert zulegen wird, sondern auch die Kryptowährung, die man für die Veräußerung dieses Grundstücks erhält. Für Anleger, die sich eher als risikoavers bezeichnen würden, bietet die Umwandlung von den herkömmlichen oder Metaverse-spezifischen Kryptowährungen in stabile Kryptowährungen wie USDT oder USDC eine geeignete Möglichkeit für die Reduzierung der Risiken.
MK