In den vergangenen Monaten sind die Treibstoffpreise rasant gestiegen. Der Liter Diesel verteuerte sich in Deutschland im Zeitraum zwischen dem ersten Februar und dem ersten Juni von 1,637 Euro pro Liter auf 1,969 Euro pro Liter um 33 Cent, zwischenzeitlich lagen die Preise sogar über zwei Euro. Doch diese finanziellen Belastungen sollten bald der Geschichte angehören. Geht es nach den Klimazielen von Paris, muss die globale Erwärmung bis 2100 innerhalb der EU gegenüber dem vorindustriellen Wert unter 2 Grad gehalten werden. Da fossile Brennstoffe umweltschädliche Treibhausgase erzeugen und die menschengemachte Klimaerwärmung fördern, sieht die Politik einen Weg zur Rettung der Erde als lebensfreundlichen Ort im Ausstieg aus dem Rohstoff Erdöl. Doch ist dies überhaupt möglich?
Die Weltbevölkerung wird laut Berechnungen der Vereinten Nationen bis zum Jahr 2050 auf 9,7 Milliarden Menschen steigen. Dies bedeutet auch, dass knapp zwei Milliarden Menschen zusätzlich nach Wohlstand und Gesundheit streben. Ein wichtiger Bestandteil unserer Existenz ist dabei auch Erdöl. Das schwarze Gold lässt in seinem raffinierten Zustand nicht nur unsere Autos fahren oder unsere Häuser wärmen, sondern wird auch für Produkte des alltäglichen Lebens benötigt: Ob es in der Baubranche das PVC für Fenster, Rohre oder Kabel ist, der Kunststoff in unseren Elektrogeräten oder die gelegentliche Aspirin-Tablette – für all deren Herstellung wird Erdöl als Ausgangsstoff genutzt, wenngleich heutzutage auch ein Teil aus recyceltem Erdöl bzw. daraus hergestellten Produkten besteht. Trotz allen Bestrebungen in der Entwicklung von Ersatzprodukten wird der Mensch mit seinem unstillbaren Hunger nach Fortschritt laut einer Statistik der Statista GmbH bis zum Jahr 2050 einen Anstieg des weltweiten Erdölverbrauchs von heute 92,1 auf 126 Millionen Barrel Öl pro Tag verursachen.
Sehr schnell hat die Politik Verbrennungsmotoren als Emissionstreiber ins Visier genommen. Aus diesem Grund hat das EU-Parlament am 08. Juni 2022 beschlossen, den Verkauf von Neuwagen mit Verbrennungsmotoren ab dem Jahr 2035 zu verbieten. Viel früher hat man sogar mit der massiven Förderung der Elektromobilität begonnen. Die deutsche Bundesregierung hat beispielsweise bereits drei Milliarden Euro seit 2009 in die Forschung und Entwicklung der Elektromobilität investiert und seit 2016 4,6 Milliarden Euro an Prämien für Elektroautos ausgegeben. Zum Klimaschutzprogramm des Bundes gehört unter anderem eine 9.000-Euro-Innovationsprämie für den Kauf eines reinen E-Fahrzeuges bis mindestens Ende 2022, der Ausbau der Anzahl öffentlicher Ladepunkte auf eine Million bis 2030, sowie die Subventionierung privater Lademöglichkeiten mit zusätzlichen 50 Millionen Euro. Dem gegenüber steht die Herstellung der Akkus aus seltenen Rohstoffen wie Nickel, Lithium, Graphit oder auch Kobalt. Der Abbau dieser Stoffe bietet aufgrund der hohen Nachfrage die Möglichkeit, Armut und soziale Ungleichheit zu verringern, aber auch Korruption, Raubbau und Umweltzerstörung zu fördern.
Eine weitere große Herausforderung stellt die weltweite Masse an Transportmitteln, welche nicht nur aus Pkws, sondern auch Lkws, dem Flug-, Schienen- und Schiffsverkehr besteht, zu elektrifizieren beziehungsweise mit alternativem Treibstoff zu versorgen. Alleine in Deutschland wären das laut Statista zum Anfang des Jahres 2022 rund 31 Millionen benzinbetriebene Pkws und 3,2 Millionen Lkws. Laut der OPEC-Studie »World Oil Outlook 2021« wird bis 2045 der Anteil der weltweiten Erdölnachfrage im Transportbereich sogar steigen.
Weitere 28 Prozent verbraucht laut OPEC die Industrie. Weltweit werden jedes Jahr zehntausende Tonnen Mineralölprodukte für Kosmetik, Kleidung, Matratzen, Bettdecken, Kissen, Reinigungsmittel, Farben, Kunststoffe, Arzneien und sogar Kaugummis hergestellt. Unsere Straßen, welche als bequemes Netzwerk für unsere Fortbewegung dienen, enthalten Bitumen, ein Rest, der bei der Verarbeitung von schwefelreichem Erdöl entsteht. Folgeprodukte wie Ethylenoxid und Fettalkohole sorgen für fleckenreine Kleidung, Isopropylalkohol oder Isopropanol befreien Haushalte von Schmutz und Staub. Kunststoff hat sich durch seine Anwendungsfreundlichkeit in vielen Bereichen unseres Lebens etabliert – ob als Verpackung, Kabelisolierungen, Textilien, Bodenbeläge oder in der Elektrotechnik. Um ein Kilogramm des wohl gängigsten Materials Polyethylen (PE) zu erzeugen, benötigt man laut Umweltbundesamt circa zwei Kilogramm Erdöl. Angesichts einer weltweit produzierten Kunststoffmenge von etwa 370 Millionen Tonnen im Jahr 2020, laut Statista, dürfte sich ein Umstieg auf Erdöl-freie Alternativen kosten- und zeitintensiv gestalten.
Die Bestrebungen zum Ausstieg aus der Nutzung von Erdöl sollen dem Schutz der Umwelt und der Sicherung unserer Zukunft dienen. Dem gegenüber steht eine wachsende Weltbevölkerung und der damit steigende Verbrauch unserer begrenzten Ressourcen. Wenngleich die Förderung nachhaltiger Rohstoffe und Technologien darauf ausgelegt ist, fossile Rohstoffe wie Erdöl langfristig zu ersetzen, ist das »schwarze Gold« durch seine breiten Anwendungsmöglichkeiten noch auf unabsehbare Zeit tief in den Daily-Needs der Gesellschaft und Wirtschaft verankert.
DBE