Folker Hellmeyer hat sich im Interview mit Wirtschaft TV zum Einfluss der Geo- und Innenpolitik auf die Erholung der Weltwirtschaft bewusst provokant gezeigt.
Chefanalyst der Solvecon invest GmbH und Herausgeber des FOREX-Reports Folker Hellmeyer erwartet für das zweite Halbjahr eine ähnliche Erholung des Dienstleistungssektors wie sie bereits im industriellen Sektor zu beobachten ist. Das führt er insbesondere auf die hohen Sparquoten der vergangenen zwölf Monate zurück. Mit Blick auf die Börse möchte Hellmeyer zu Beginn eines klarstellen: »Wir reden immer von überbewerteten Märkten. Bei den erwarteten Gewinnen haben wir ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 16 im DAX. Das historische Mittel liegt bei 15,2. Aber das historische Mittel bezieht sich auf Zeiträume, als es bei den Zinsen auch noch ernste Anlagealternativen gab, die es heute nicht gibt. Wer hier also von überbewerteten Niveaus spricht, der ist in meinen Augen intellektuell ambitioniert unterwegs.«
Die Wirtschaft holt auf
Die Aufholeffekte an den Märkten, nachdem der Investitionszyklus im letzten Jahr drei Quartale lang nahezu ausgefallen ist, beobachtet er mit Spannung. »Maschinen nutzen sich nach 10 Jahren ab. Wir haben jetzt 4 Jahre Unterinvestition gehabt. Die müssen wir erstmal aufholen«, sagt der Experte und verweist auf die Engpässe in den Lieferketten, beispielsweise bei Halbleitern und Stahl. Auf der anderen Seite stünden die zahlreichen Konjunkturpakete, für deren Abarbeitung durch die Industrie zunächst einmal die Kapazitäten geschaffen werden müssen. Das bedeute, dass dem industriellen Sektor nicht bloß ein kurzfristiger Wachstumsschub bevorstehe, sondern ein langfristiges Wachstum, dass sich über die nächsten Jahre erstrecken werde. Das sei allerdings an den Aktienmärkten nicht in einem angemessenen Maße diskontiert.
Besonderes Potenzial sieht Hellmeyer in Halbleitern und in grünen Technologien. Halbleiter bedienen ein weites Feld, die Nachfrage werde entsprechend in vielen Branchen groß sein. Grüne Technologien profitieren vor allem von der grünen Ausrichtung der Konjunkturprogramme. »Meines Erachtens gibt es hier ein Rückschlagspotenzial in dieser Branche von 10 bis 20 Prozent, bevor es dann wirklich attraktiv ist, wieder in die Märkte reinzugehen«, erläutert der Experte. Insgesamt steht er den zu erwartenden ökonomischen Entwicklungen optimistisch gegenüber.
Den gesamten Artikel „Der Westen in der »Wahrnehmungsfalle“, finden Sie in der brandneuen Sachwert Magazin Ausgabe 03/2021 -> LINK