»Einfach machen« ist die Devise der beiden Kapitalmarktexperten und Buchautoren Phillip Vorndran und Thomas Lehr. Wer Geld übrighat, sollte keine Scheu haben, es auch anzulegen. Doch wie soll man sich in Zeiten wie diesen an der Börse zurechtfinden? In unserem Interview zeigen die Beiden erste Schritte für Nicht-Profis.
Aktiengeschäfte sind für Börsenneulinge nicht einfach, viele bleiben deshalb bei Sparbuch oder Tagesgeldkonto. Aber vor der Inflation schützen diese Anlageformen schon lange nicht mehr. Welche Anlageklasse ist das heutige Äquivalent zum Sparbuch?
Die gibt es nicht. Das Sparbuch erfüllt heute den gleichen Zweck, den es schon immer erfüllt hat: Ich lege dort Beträge zurück, die ich nicht investiere, sondern die meine Liquiditätsreserve darstellen. Festgeld und Tagesgeld gehören in die gleiche Kategorie. Das Geld liegt dort sicher in dem Sinne, dass es seinen Nominalwert behält, nicht schwankt und verfügbar ist. Über lange Zeit verliert es dort aber seine Kaufkraft. Das ist der Preis, den man in Zeiten, in denen die Zinsen unter der Inflation liegen, für diese Flexibilität bezahlt. Mit Geldanlage hatten und haben weder das Sparbuch noch das Tagesgeldkonto je etwas zu tun.
Wie geht man den Aufbau eines ausgeglichenen Portfolios an?
Erst wenn ich meine Renditeerwartung kenne, kann ich mir Gedanken über den Weg machen. Oft meinen Anleger, sie müssten die Kursentwicklung der kommenden Wochen erraten. Das wird als Spekulation wahrgenommen, weil es tatsächlich nichts anderes wäre. Vielmehr geht es darum, nach Bausteinen Ausschau zu halten, deren langfristiges Ertragspotential unter Berücksichtigung der Risiken zu meiner Renditeerwartung passen. Dazu muss man bewerten können, ob der Preis gerechtfertigt ist. Das ist für einen Laien unmöglich. Selbst wir beide müssen da auf Profis zurückgreifen.
Steigende Kurse, fallende Kurse, Gewinne, Verluste – viele verbinden damit Adrenalinbäder und Glücksspiel. Wird in der Öffentlichkeit ein falsches Bild vom Aktienhandel gezeichnet?
Ja und Nein. Nur wer eine genaue Vorstellung davon hat, was etwas wert ist, kann beurteilen, ob der jeweilige Preis attraktiv ist. An der Börse fehlt den meisten ein realistischer Bezugspunkt zum Preis. Oft ist ihnen nicht einmal klar, was sie gekauft haben oder wo sie investiert sind. Insofern ist es auch verständlich, dass eine solche Anlage als Spekulation empfunden wird. Davon aber abzuleiten, dass eine breit gestreute, längerfristige Investition in gute Unternehmen, deren Ertragspotential und Risiken von einem erfahrenen Investor oftmals sehr viel besser eingeschätzt werden können, einem Glücksspiel gleicht, wäre falsch.
Wie wichtig ist es mit Blick auf Krisen, in weniger konjunkturabhängige Unternehmen zu investieren?
Konjunkturabhängige Unternehmen unterliegen in der Regel sehr viel stärkeren Schwankungen als solche, die über den Konjunkturzyklus hinweg stabile Erträge erzielen. Weil die Schwankungen am Aktienmarkt oft das Argument gegen eine Aktienanlage sind, liegt es auf der Hand, dass die Investition in weniger konjunkturabhängige Unternehmen ein kluger Schritt sein kann.
Viele investieren in deutsche Fonds. Sicher ist es nicht falsch, auch internationale Portfolios in Betracht zu ziehen. Hat man dann aber nicht auch noch ein Währungsrisiko?
Die Frage nach dem Währungsrisiko ist vor allem eine »deutsche Frage«. Die Deutschen sind es aus der Zeit der Deutschen Mark gewohnt, fremde Währungen eher als »Risiko« zu sehen. Fragen Sie mal in Italien. Da sieht man Fremdwährungen eher als Chance, weil die Lira im Gegensatz zur DM zur Abwertung neigte. Heute denken, rechnen und zahlen sowohl die Deutschen als auch die Italiener in Euro. Fragen Sie sich selbst, ob der Euro eher Deutsche Mark oder eher Lira ist; Sie haben damit auch die Antwort auf die Frage, ob Sie bei einem global aufgestellten mehr Währungschancen als -risiken haben.
Die strukturellen Herausforderungen der Eurozone engen den Handlungsspielraum der EZB massiv ein. Die Tatsache, dass wir trotz der aktuellen Inflation immer noch über Leitzinsen nahe Null sprechen, sind ein Ergebnis. Damit fremde Währungen für ein globales Portfolio zum »Risiko« werden, muss sich in Europa einiges verbessern. Das wiederum hilft vermutlich vielen anderen Komponenten in Ihrem Portfolio. Verbessern sich die Dinge nicht, kann es dagegen helfen, nicht all sein Vermögen im Euro investiert zu haben. Insofern sind fremde Währungen zumindest mal eine intelligente Diversifikation.
Sollte man am Ende nicht lieber einfach eine Immobilie kaufen?
Als eigengenutzte Immobilie ja, als Anlageobjekt eher nicht. Die Renditen sind zu niedrig und meist mit einem Arbeitsaufwand verbunden. Um das Risiko ausreichend zu verteilen, bräuchte es darüber hinaus schon mehrere Immobilien, was wiederum den Aufwand erhöht. Solange wir beide zu dem Ergebnis kommen, dass wir mit sehr viel geringerem Aufwand ertragreiche Investitionen am Aktienmarkt finden, kommt eine Immobilie als Zinshaus nicht in Betracht.
»Geld anlegen – einfach machen
Alles, was sie wissen müssen – unkompliziert,
unterhaltsam und umfassend«
von Philipp Vorndran und Thomas Lehr
173 Seiten
FinanzBuch Verlag
Erschienen: März 2022
ISBN: 978-3-95972-589-7