Die Euro-Krise. Es gibt sie immer noch. Und noch immer soll ein Öffnen der Geldschleuse die Krise bannen. Die Finanzmärkte hatten sich nach der Ankündigung der EZB, im Notfall (nahezu) unbegrenzt Staatsanleihen aufzukaufen, sogar entspannt. Ein Auf- und Durchatmen der Akteure.
Doch nicht von Dauer. Neue Kapitallücken in Griechenland, Zurücknahme von Sparpaketen in Portugal und gestiegene Zinsen für spanische Staatsanleihen, jeweils begleitet von massiven Protesten der Bevölkerung – Zeichen andauernder Nervosität. Und je länger und höher die Verwerfungen sich auftürmen und nachhaltige Lösungen ausbleiben, desto negativer der Einfluss auf die wirtschaftlichen Fundamentaldaten – mittlerweile auch in Deutschland ablesbar beispielsweise an den aktuellen Zahlen des ifo Geschäftsklimaindex. Dieser ging im September zum fünften Mal in Folge zurück und sank auf den niedrigsten Stand seit zweieinhalb Jahren. Analysten hatten dagegen im Gefolge der EZB-Ankündigungen mit einem leichten Anstieg gerechnet, doch die 7000 befragten Firmen sehen sowohl die aktuelle Lage als auch die Aussichten für die kommenden sechs Monate eher skeptisch. So bleiben die Aussichten für die deutsche Konjunktur im laufenden Jahr mit Risiken behaftet und laut consensus wächst die deutsche Wirtschaft in diesem Jahr nur noch um 0,9 %. Immerhin waren Industrieaufträge, Exporte und Produktion zuletzt aber leicht angestiegen, weshalb sich die Gesamtjahresprognose in den letzten drei Monaten denn auch leicht verbessert hat. Da die Wirtschaftsprognosen für 2013 nur sehr verhalten ausfallen, wird das Zinsumfeld zumindest in den nächsten 12-15 Monaten stabil auf niedrigem Niveau verharren. Damit bleibt das Finanzierungsumfeld zumindest aus diesem Blickwinkel attraktiv für Unternehmen und fremdkapitalorientierte Investoren. Trotz der günstigen Zinsen hält sich die Kreditvergabe für gewerbliche Immobilien aber in Grenzen. „Eigenkapital und Liquidität sind für Banken ein weiterhin knappes Gut. Deshalb können sie sich nur in begrenztem Umfang im Neugeschäft engagieren. Die gewerbliche Immobilienfinanzierung ist aufgrund der hohen Volumina und der langen Laufzeiten dabei überproportional betroffen“, so Dr. Frank Pörschke, CEO Jones Lang LaSalle Deutschland.Pörschke weiter: „Vor diesem Hintergrund werden Finanzierungen deutlich selektiver gewährt. Neben einem weiterhin hohen Angebot zur Finanzierung von Core-Investments besteht eine Divergenz zwischen Bedarf und Angebot für mehr risikobehaftete Investments wie Developments, für die eine hohe Vorvermietungsquote verlangt wird.“
Die großen „Tickets“ fehlen, dennoch erfreuliches Transaktionsvolumen
Der deutsche Investmentmarkt hat sich in den letzten drei Monaten im Vergleich zum zweiten Quartal wieder deutlich dynamisiert. Mit rund 5,4 Mrd. Euro lag das in gewerblich genutzte Immobilien investierte Kapital um 26 % über dem Vorquartal und markierte gleichzeitig das umsatzstärkste Quartal des Jahres. Für die gesamten neun Monate 2012 beläuft sich das Transaktionsvolumen damit auf rund 14,9 Mrd. Euro, entsprechend einem Rückgang von 14 % im Vergleich zum Vorjahr.
„Da sich einige größere Transaktionen zeitlich verschoben haben, konnte die Lücke zum Vorjahr nicht ganz geschlossen werden. Im letzten Quartal erwarten wir aber ein signifikantes Anziehen der Abschlüsse. Ein Gesamttransaktionsvolumen von 21 bis 23 Mrd. Euro erscheint nach wie vor realistisch“, so Timo Tschammler, Leiter Investment und Vermietung Büro- und Industrieimmobilien Jones Lang LaSalle Deutschland.
Zwischen Juli und Ende September wurden insgesamt sieben Transaktionen jenseits der 100 Mio.- Euro-Grenze von zusammen 1,23 Mrd. Euro abgeschlossen. Das Gros entfiel auf Transaktionen im Bereich von 20-100 Mio. Euro. In diesen Größenordnungen wurden mit über 3,4 Mrd. Euro immerhin fast 63% des Transaktionsvolumens registriert. „Das Interesse der ausländischen Investoren ist nach wie vor vorhanden und innerhalb des Euroraumes gilt Deutschland immer noch als hoch priorisiertes Investitionsziel. Bezogen auf Transaktionen jenseits 100 Mio. Euro lag der Anteil des von ausländischen Investoren investierten Kapitals denn auch bei ca. 44%“, so Tschammler.
BIG 7 mit mehr als der Hälfte des Transaktionsvolumens
Auf die BIG 7 entfielen mit 9,1 Mrd. Euro mehr als 60 % des Volumens. Nicht nur der Anteil am Gesamtvolumen hat sich damit im Verlauf des Jahres kontinuierlich erhöht, auch die absoluten Volumina in jeder der BIG 7 mit der Ausnahme von München erreichten im dritten Quartal den bisherigen Spitzenwert. Im Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum hat sich das Minus vom Halbjahr mittlerweile in ein Plus von 7 % gedreht. Neben den starken Anstiegen in München und Stuttgart (+42% und +229%) ist nun auch in Berlin ein Plus von 38 % zu konstatieren. Stuttgart profitiert von der insgesamt größten Transaktion des laufenden Quartals, dem Verkauf des Shopping Centers Milaneo für rund 400 Mio. Euro. „Von den 20 größten Einzeltransaktionen des dritten Quartals wurden nur drei in Städten außerhalb der BIG 7 getätigt. Die Umsatzstatistik ist damit zwar eindeutig, dennoch beobachten wir vermehrtes Interesse der Investoren an wirtschaftlich starken Städten außerhalb der BIG 7, vor allem im Einzelhandelssegment. Ein deutlich begrenztes Produktangebot lässt diese Nachfrage aber aktuell ins Leere laufen“, so Helge Scheunemann, Leiter Research Jones Lang LaSalle Deutschland.
Investments in Büroimmobilien legen im Jahresvergleich deutlich zu
Die Analyse nach Assetklassen zeigt im Vergleich zum Halbjahr keine signifikanten Veränderungen, dafür aber umso auffälligere im 12-Monatsvergleich. Sowohl der Anteil der gehandelten Büro-Investments (von 25% auf aktuell 44%) als auch das absolute Volumen (von 4,43 Mrd. auf aktuell 6,6 Mrd. Euro) sind in diesem Zeitraum deutlich gestiegen. Im Gegensatz dazu fiel der Anteil für Einzelhandelsimmobilien von 48 % auf aktuell rund 30%. „Dies ist nicht auf eine rückläufige Nachfrage zurückzuführen, sondern in erster Linie Resultat des begrenzten Angebots vor allem im Bereich Shopping Center“, so Jörg Ritter, Leiter Einzelhandels-Investment und -Vermietung Jones Lang LaSalle Deutschland. Dennoch macht deren Transaktionsvolumen mehr als 2 Mrd. Euro aus und damit knapp die Hälfte des Einzelhandelsvolumens. Von der Anzahl her dominieren allerdings Fachmärkte inklusive Supermärkte/Discounter sowie Fachmarktzentren oder Nahversorgungs-Standorte. Sie kommen auf rund 1 Mrd. Euro, das Gros der Transaktionen liegt im Bereich zwischen 20 und 50 Mio. Euro. „Konzepte mit einem hohen Anteil an periodischen Waren und Dienstleistungen sowie einem stabilen Lebensmittelhändler versprechen eben auch in einem turbulenten wirtschaftlichen Umfeld Stabilität“, kommentiert Jörg Ritter.
Stuttgart einzige Stadt mit Änderung bei Spitzenrendite
Bei den Spitzenrenditen in den BIG 7 ist für alle Segmente Stabilität angesagt, hier haben sich im Vergleich zur Mitte des laufenden Jahres außer in Stuttgart (von 4,95 % auf 4,8 %) keine weiteren Änderungen ergeben. Für Büroimmobilien liegen die Spitzenrenditen in der Aggregation über alle sieben Hochburgen hinweg bei 4,80%. Für Shopping Center werden nach wie vor Netto-Anfangsrenditen von 5,00% gezahlt. „Der Druck bleibt aufgrund des Nachfrageüberhangs bestehen. Wir erwarten bis Ende des Jahres nur noch mäßige Rückgänge und im nächsten Jahr eine Seitwärtsbewegung“, so Tschammler. Anders sieht es für innerstädtische Geschäftshäuser in interessanten und wirtschaftlich starken Städten außerhalb der BIG 7 aus. Hier ist aufgrund der hohen und weiterhin steigenden Nachfrage eine Reaktion der Renditen zu beobachten. Oder anders formuliert: die Ankaufsfaktoren steigen.
Der Produktmangel in dem stark nachgefragten Core-Segment wird sich auch in den verbleibenden drei Monaten des Jahres nicht ändern und sich dementsprechend auf die Zahl der gewerblichen Immobilientransaktionen auswirken. „Daneben kann auch ein Mangel an attraktiven alternativen Anlagen ausgemacht werden. Wer heute ein ertragsstarkes Core-Objekt im Eigentum besitzt, kann allerdings bei einem Verkauf von den gestiegenen Preisen profitieren“, betont Frank Pörschke.
Weiterhin hohe Investorennachfrage für Wohnimmobilien
Eine nach wie vor hohe Aktivität zeichnet den Wohnungsmarkt aus. In den ersten neun Monaten des Jahres konnte ein Transaktionsvolumen für Portfolios (mehr als 10 Wohneinheiten) von 8 Mrd. Euro registriert werden. Mehr als 140.000 Wohneinheiten wechselten den Eigentümer. Das Volumen des Vorjahreszeitraumes wird damit um fast 75 % übertroffen. Sollten die noch ausstehenden Groß-Transaktionen der TLG und der Woba Dresden (Gagfah) in den kommenden drei Monaten noch zum Abschluss kommen, würde die 10 Mrd. Euro Transaktionsgrenze bei weitem überschritten werden. „Insbesondere für ausländische Investoren erscheint der deutsche Wohnungsmarkt nach wie vor äußerst attraktiv, auch wenn die Preise in Teilbereichen schon stark angezogen haben. Auf der Suche nach entsprechenden Renditen sehen sich deshalb immer mehr Investoren veranlasst, auch andere Städte abseits der BIG 7 ins Auge zu fassen“, notiert Helge Scheunemann.
Büroflächenumsatz zeigt sich noch robust
Der deutsche Büro-Vermietungsmarkt zeigt sich auch nach neun Monaten insgesamt noch recht robust. Das Umsatzvolumen bewegt sich bei ca. 2,15 Mio. m², entsprechend einem Minus von 14% gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. Prozentual hat sich also gegenüber dem 12 Monatsvergleich zur Jahresmitte (1. Hj. 2012/1.Hj. 2011: – 14 %) nichts geändert. Manifestiert hat sich auch die unterschiedliche Entwicklung innerhalb der BIG 7. Während in Berlin einige große Vermietungsdeals eines Nutzers im dritten Quartal mit zusammen rund 66.000 m² dafür sorgten, dass das Dreivierteljahresergebnis von 400.000 m² gegenüber dem Vergleichszeitraum in 2011 nahezu stabil blieb (alle Quartale seit Anfang 2011 lagen jeweils über 120.00 m²), fielen die Umsatzeinbußen in Düsseldorf, Hamburg, Köln und Stuttgart mit jeweils 22 bzw. 23% überdurchschnittlich aus. Bis auf Stuttgart mussten diese Städte das schwächste Quartal im laufenden Jahr hinnehmen. München mit den in 2012 bis dato drei stärksten Monaten verbuchte mit 539.000 m² zwar das höchste Dreivierteljahresvolumen unter den BIG 7, blieb allerdings auch hinter den 2011er Zahlen zurück (minus 13%). Moderater war der Rückgang in Frankfurt (-6 %). „Die öffentlich kommunizierten Personalabbaupläne der Banken zeigen bislang noch keine Auswirkungen auf den Frankfurter Büromarkt. Allerdings bleibt auch zu konstatieren, dass im dritten Quartal keine nennenswerte Anmietung einer Bank oder eines Finanzinstitutes zu beobachten war – sicherlich ungewöhnlich für den Bankenstandort“, so Tschammler.
„Unsere bisherige Prognose halten wir auch Anfang Oktober aufrecht. Bis Jahresende erwarten wir weiterhin ein Umsatzvolumen von um die 3 Mio. m², entsprechend einem Rückgang von 16% gegenüber 2011. Angesichts der doch recht kräftigen ökonomischen Eintrübung ein besseres Ergebnis als vielleicht zu erwarten war“, sagt Helge Scheunemann.
Weiter gemäßigte Neubauaktivitäten – Leerstand bleibt rückläufig
Das über alle Städte kumulierte Leerstandsvolumen hat sich im Verlauf der letzten 12 Monate um mehr als 7 % reduziert und liegt mit 7,96 Mio. m² wieder leicht unter der 8 Mio. m²-Marke, entsprechend einer Leerstandsquote von 9,0 %. Damit ist der Vorquartalswert um weitere 20 Basispunkte unterschritten. „Mit dieser Entwicklung einhergehend ist eine weiterhin positive Nettoabsorption in allen Städten“, so Scheunemann. In der Summe über alle BIG 7 hat sich der belegte Büroflächenbestand im dritten Quartal in etwa auf dem Niveau der beiden Vorquartale bewegt (rund 240.000 m²). Zwar wird die Absorption 2012 nicht das Gesamtvolumen des Vorjahres erreichen, dennoch zeugt das erwartete Ergebnis, das den 5-Jahresschnitt von 760.000 m² übertreffen würde, von einem immer noch robusten Markt. Hierzu trägt auch die nach wie vor nur gemäßigte Neubauaktivität bei“, so Scheunemann. Auch wenn sich das Fertigstellungsvolumen um knapp 13 % (Q 1 – Q 3 2012/ Q 1- Q 3 2011) auf über 536.000 m² erhöht hat und bis Ende des Jahres noch weitere rund 300.000 m² dazukommen werden, wird es letztlich nicht die Zahlen von 2011 erreichen. Darüber hinaus gilt auch, dass von den bisherigen Fertigstellungen bis Ende September nur etwa ein Viertel noch frei auf den Markt gekommen ist, der Rest bereits vorvermietet war oder durch Eigennutzer belegt wird. Und auch für die letzten drei Monate stehen Mietern in allen BIG 7 zusammen nur etwa 46.000 m² neue Bürofläche noch zur Verfügung. Die Angebotssituation in Bezug auf Neubauflächen ist damit weiterhin alles andere als problematisch für die Büromärkte. Für 2013 werden aus derzeitiger Sicht knapp 890.000 m² neue oder totalsanierte Büroflächen erwartet. Das hiervon dem Markt noch frei zur Verfügung stehende Volumen von 341.000 m² (38%) zeugt von einer zunehmend schwierigen Situation für Projektentwickler. „Steigende Anforderungen seitens der finanzierenden Banken an die Vorvermietungsquote und des einzubringenden Eigenkapitalanteils sorgen insofern für eine limitierte Neubaupipeline in den nächsten Jahren“, kommentiert Tschammler.
Nur München mit Plus bei der Spitzenmiete
Die Bürospitzenmieten haben sich in den letzten drei Monaten nur in München nach oben bewegt. Im 12-Monatsvergleich allerdings stiegen sie über alle sieben Hochburgen hinweg um knapp 3 %. Überdurchschnittliche Zuwächse konnten in Düsseldorf mit 6,4 % und Berlin mit 4,8 % registriert werden. Weiterhin ist Frankfurt die einzige Stadt, in der im aktuellen Zyklus noch kein Mietpreiswachstum stattgefunden hat. „Angesichts der nachfragebedingten Eintrübung haben wir die ursprüngliche Prognose bis Ende des Jahres, die einen Anstieg der Spitzenmiete um 3 % vorsah, zurückgenommen. Die Miete dürfte bei weiterhin 33 Euro/m²/Monat verharren. In den anderen Städten gibt es aufgrund der Nachfrage im hochpreisigen Segment noch Steigerungspotenzial. Es bleibt aber abzuwarten, in wieweit die Unternehmen die Kostenschraube anziehen und welche Auswirkungen dies auf den Faktor „Arbeitsplatzkosten/Bürokosten haben wird“, so Scheunemann.
Lage schlägt Erwartung
Auch wenn die Büromärkte sich aktuell noch robust zeigen, die Erwartungen an die nächsten Quartale sind doch deutlich eingetrübt. Die Entscheidungsprozesse sind wieder deutlich länger geworden. Es wird lange geprüft und auch lange verhandelt. Insofern ist nicht auszuschließen, dass sich einige der konkreten Gesuche zeitlich weiter verschieben werden. Viele Unternehmen bekommen Budgets für einen Umzug nicht durchgesetzt und Expansionspläne liegen dementsprechend zunächst auf Eis oder eine Flächeneffizienzsteigerung in den vorhandenen Flächen wird intensiv geprüft. „Der Fokus der Mieter liegt nach wie vor auf Qualität und damit steigt der Druck auf die Eigentümer, zusammenhängende Flächen anbieten zu können“, so Tschammler.
Quelle: Jones Lang LaSalle Deutschland
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