Dass sich Gold in Krisenzeiten besonders großer Beliebtheit erfreut, vermag wohl keinen Anleger groß zu überraschen – doch als der Preis Anfang Dezember sogar die Marke von 2.100 US-Dollar pro Unze überschritt, sorgte dies doch international für Schlagzeilen und lenkte den Blick einmal mehr auf den Edelmetallsektor: Was treibt die derzeitige Goldhausse? Kann es sich lohnen, jetzt zu investieren – und wie sieht die Entwicklung bei anderen Edelmetallen aus? Ronny Wagner ist Geldcoach und Sachwertexperte, er weiß, welche Faktoren den Markt beeinflussen und was Anleger beim Handel mit Edelmetallen beachten sollten. Im Interview stellt er sich unseren Fragen.
Herr Wagner, der Goldpreis verzeichnete kürzlich ein Rekordhoch, als er über die 2.100 Dollar-Marke stieg. Welche Faktoren waren für diesen Preisanstieg verantwortlich?
Der jüngste Anstieg des Goldpreises über die Marke von 2.100 Dollar pro Unze wurde durch eine Kombination von Faktoren ausgelöst, die sowohl wirtschaftliche als auch geopolitische Aspekte umfassen. Angesichts globaler Konflikte, wie dem Krieg in der Ukraine und den Spannungen zwischen Israel und der Hamas, haben Investoren Gold als sicheren Hafen gesucht. Diese politischen Unsicherheiten, gepaart mit der Erwartung, dass die US-Notenbank Federal Reserve, kurz Fed, die Zinsen senken könnte, haben die Nachfrage nach Gold weiter verstärkt.
Zudem hat die Aussicht auf eine mögliche Änderung der Geldpolitik durch die Fed im Jahr 2024, insbesondere die Erwartung von Zinssenkungen, den Goldpreis gestärkt. Niedrigere Zinsen tendieren dazu, den US-Dollar zu schwächen, was Gold für Käufer außerhalb der USA attraktiver macht. Dies wird durch die kürzlich abgeschwächte Inflation und weichere Arbeitsmarktdaten unterstützt, die zusammen mit weniger hawkischen Signalen der Fed die Erwartungen an niedrigere Kreditkosten stärken.
Darüber hinaus haben mittelfristige geopolitische Spannungen, wie der Angriff auf ein amerikanisches Kriegsschiff im Roten Meer, die Nachfrage nach Gold als sichere Anlage zusätzlich angeheizt. All diese Faktoren zusammen haben zu einem signifikanten Anstieg des Goldpreises geführt und unterstreichen die Rolle von Gold als sicherer Hafen und Absicherung gegen verschiedene Arten von wirtschaftlichen und politischen Risiken.
Inwiefern lohnt es sich für Privatanleger, jetzt noch in Gold zu investieren, um von der derzeitigen Goldhausse profitieren zu können?
Bei der Überlegung, ob man als Privatanleger in Gold investieren sollte, ist es entscheidend, Gold nicht primär als Mittel zur Erzielung von Rendite, sondern als Instrument zur Absicherung zu betrachten. Gold hat sich über Jahrhunderte als zuverlässiger Wertspeicher erwiesen, besonders in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit und Inflation. Seine Rolle als unabhängige, nicht staatlich kontrollierte Währung macht es zu einem einzigartigen Instrument im Vergleich zu traditionellen Fiat-Währungen wie dem Euro oder dem US-Dollar.
Im Kontext dieser Eigenschaften kann argumentiert werden, dass Gold als Teil einer gut diversifizierten Anlagestrategie immer eine Überlegung wert ist. Der Schlüssel liegt darin, Gold als eine Form der Absicherung zu betrachten, die dazu beitragen kann, das Gesamtrisiko des Portfolios zu reduzieren. Im Gegensatz zu anderen Anlageklassen, die möglicherweise höhere Renditen erzielen können, bietet Gold eine Art Versicherung gegen systemische Risiken und wirtschaftliche Turbulenzen.
Daher kann aus einer langfristigen Anlageperspektive argumentiert werden, dass Gold einen festen Platz im Portfolio eines Anlegers haben sollte, unabhängig von den kurzfristigen Schwankungen des Goldpreises. Der Fokus sollte dabei auf der Absicherungsfunktion von Gold liegen und weniger auf der Erwartung kurzfristiger Gewinne.
Wer in Gold investieren möchte, der kann entweder physisches Gold kaufen oder Gold-Wertpiere. Welche Vor- und Nachteile bieten die jeweiligen Möglichkeiten?
Bei der Investition in Gold stehen Anleger vor der Entscheidung, entweder physisches Gold zu kaufen oder in Gold-Wertpapiere zu investieren. Jede dieser Optionen bietet unterschiedliche Vor- und Nachteile.
Der Kauf von physischem Gold, wie Goldmünzen oder -barren, bedeutet den direkten Besitz des Edelmetalls. Dieser direkte Besitz bietet ein hohes Maß an Sicherheit, da das Gold unabhängig von Finanzmarktrisiken ist. Zudem ist der Wert von physischem Gold nicht von der Performance eines Unternehmens abhängig. Allerdings bringt der physische Besitz auch Herausforderungen mit sich, wie die sichere Lagerung, die entweder Risiken bei der Lagerung zu Hause oder Kosten für ein Bankschließfach birgt. Zudem sind beim Kauf und Verkauf von physischem Gold oft höhere Transaktionsgebühren zu berücksichtigen, und die Liquidität kann im Vergleich zu Wertpapieren geringer sein.
Bei Gold-Wertpapieren, wie Gold-ETFs oder Aktien von Goldminenunternehmen, investiert der Anleger in Produkte, die den Goldpreis nachbilden oder in die Goldproduktion involviert sind. Diese bieten eine einfache und bequeme Möglichkeit, in Gold zu investieren, ohne sich um die physische Lagerung kümmern zu müssen. Gold-Wertpapiere sind in der Regel leicht über die Börse handelbar und bieten eine höhere Liquidität. Allerdings hat der Anleger bei diesen Produkten nicht den direkten Besitz von Gold. Die Investition ist abhängig von der Performance des jeweiligen Unternehmens oder der Managementleistung des ETFs und den Schwankungen der Finanzmärkte.
Die Entscheidung, ob in physisches Gold oder in Gold-Wertpapiere investiert werden soll, hängt von den individuellen Zielen, der Risikobereitschaft und den Präferenzen des Anlegers ab. Während physisches Gold eine direkte und greifbare Sicherheit bietet, ermöglichen Gold-Wertpapiere eine flexiblere und oft bequemere Investition in das Edelmetall. Beide Formen der Goldinvestition haben ihre Berechtigung und können je nach Anlagestrategie sinnvoll sein.
Im Hinblick auf Vermögensschutz ist Gold immer noch das beliebteste Edelmetall. Aber ist das eigentlich nur seiner langen Tradition als Zahlungsmittel geschuldet oder bietet Gold tatsächlich Vorteile gegenüber anderen Edelmetallen – und falls ja, welche?
Historisch gesehen hat Gold eine tief verwurzelte Bedeutung und Akzeptanz. Es diente über Jahrtausende als wertvolles Metall und Zahlungsmittel, was weltweit zu einem weit verbreiteten Vertrauen in seine Werthaltigkeit geführt hat. Diese historische Bedeutung trägt entscheidend zu seiner Stellung als bevorzugtes Anlage- und Absicherungsmittel bei.
Ein wesentlicher Aspekt, der Gold von anderen Edelmetallen unterscheidet, ist seine Fähigkeit, als Währungsstabilitäts- und Inflationsschutz zu fungieren. In Zeiten wirtschaftlicher Turbulenzen oder hoher Inflation neigt der Goldpreis dazu, zu steigen. Dies macht es zu einem wichtigen Instrument zur Absicherung gegen wirtschaftliche Unsicherheiten.
Die Liquidität von Gold ist ein weiterer entscheidender Faktor. Es ist eines der am leichtesten zu handelnden Edelmetalle und kann weltweit problemlos verkauft werden, was es zu einer praktischen Option für Notfallreserven macht.
Im Vergleich zu anderen Edelmetallen wie Silber weist Gold auch eine geringere Volatilität auf, was es zu einer stabilen Anlageoption macht, besonders in unsicheren Zeiten. Die physischen Eigenschaften von Gold, wie seine Korrosionsbeständigkeit, sichern seine Langlebigkeit und Qualität, wodurch es sowohl für industrielle Anwendungen als auch als Schmuck wertvoll ist.
Gold bietet zudem eine gute Diversifikationsmöglichkeit für Anlageportfolios, da es oft eine geringe Korrelation mit anderen Anlageklassen wie Aktien und Anleihen aufweist. Diese einzigartige Kombination aus Stabilität, Liquidität, Akzeptanz und historischem Vertrauen macht Gold zu einem bevorzugten Mittel zum Vermögensschutz und hebt es von anderen Edelmetallen ab.
Edelmetalle sollten im Portfolio etwa einen Anteil von drei bis acht Prozent ausmachen, so lautet eine Faustregel. Deckt sich dieser Prozentsatz mit Ihren Erfahrungen – und ist es eigentlich ratsam, sich auf ein Metall zu beschränken oder sollte man gleich in unterschiedliche Edelmetalle investieren?
Die Empfehlung, dass Edelmetalle etwa drei bis acht Prozent eines Anlageportfolios ausmachen sollten, ist eine gängige Faustregel. Diese Empfehlung beruht auf der Idee der Diversifikation und der Rolle von Edelmetallen als Absicherung gegen Inflations- und Währungsrisiken sowie als Stabilitätsfaktor in Krisenzeiten. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass solche Faustregeln je nach individueller Anlagestrategie, Risikobereitschaft und Marktbedingungen variieren können.
In bestimmten Szenarien kann es durchaus sinnvoll sein, einen höheren Goldanteil im Portfolio zu wählen, möglicherweise bis zu 30 Prozent. Dies könnte besonders in Zeiten hoher wirtschaftlicher Unsicherheit, starker Inflationserwartungen oder bei negativen realen Zinssätzen der Fall sein. Ein höherer Goldanteil kann in solchen Phasen als stärkere Absicherung gegen diese Risiken dienen.
Für Anleger, die neu in die Welt der Edelmetallinvestitionen einsteigen, kann es eine kluge Wahl sein, mit Gold zu beginnen. Gold ist aufgrund seiner historischen Bedeutung, weltweiten Akzeptanz und relativen Stabilität im Vergleich zu anderen Edelmetallen oft der bevorzugte Einstiegspunkt. Es bietet eine solide Basis für ein Edelmetallportfolio.
Sobald ein Grundstock an Goldinvestitionen etabliert ist, kann es sinnvoll sein, das Portfolio um andere Edelmetalle wie Silber und Platin zu erweitern. Diese bieten jeweils eigene Vorteile und Risikoprofile. Silber zum Beispiel hat eine bedeutende industrielle Nachfrage und kann in einem bullishen Rohstoffmarkt eine höhere Volatilität und damit potenziell höhere Gewinne bieten. Platin und Palladium werden stark in der Automobilindustrie und anderen industriellen Anwendungen genutzt, was ihnen eigene Preisfaktoren verleiht.
Sachwerte gelten grundsätzlich eher als langfristige Investments. Wie lange sollte man Edelmetalle ungefähr halten und warum?
Die Investition in Edelmetalle, besonders in Gold, ist am effektivsten, wenn man sie als langfristiges, ja sogar als generationsübergreifendes Unterfangen ansieht. Diese Herangehensweise empfiehlt sich aus mehreren Gründen: Gold hat sich über Jahrhunderte als beständiger Wertspeicher erwiesen und bietet sich daher ideal für ein langfristiges Investment an, das über Generationen hinweg Bestand hat. Diese Kontinuität und Beständigkeit machen Gold besonders wertvoll in Bezug auf den Schutz vor Inflation und den Auswirkungen von Währungsschwankungen.
Die Märkte für Edelmetalle können kurzfristig durchaus volatil sein. Indem man sich auf eine langfristige Investitionsstrategie konzentriert, kann man solche kurzfristigen Schwankungen aussitzen und von langfristigen Markttrends profitieren. In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit fungiert Gold traditionell als sicherer Hafen, was die Bedeutung einer langfristigen Perspektive unterstreicht. Gold bietet sich daher nicht nur als Absicherung in Krisenzeiten an, sondern auch als ein Vermögenswert, der über Generationen hinweg weitergegeben werden kann.
Unser Gesprächspartner: Ronny Wagner ist Geldcoach, Blogger und Geschäftsführer der »Noble Metal Factory«. Seit 2008 setzt er sich für finanzielle Bildung ein – mit dem Ziel, mehr Menschen Wohlstand, Unabhängigkeit und Sicherheit zu ermöglichen.
Beitragsbild: Pixa Factory
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