Ein Kunstinvestment erfordert eine sorgfältige Herangehensweise
Sachwerte sind aktuell sehr gefragt, allen voran Edelmetalle wie Gold und Silber. Aber auch alternative Anlageklassen stehen in diesen Zeiten im Fokus. Kunst kann für Anleger eine gute Ergänzung für das Portfolio sein, allerdings unterscheidet sich die Herangehensweise an den Kauf doch sehr von der des Aktien- oder Goldankaufs. Gemeinsam ist hier das Marktgesetz Angebot und Nachfrage, wobei dies auf dem Kunstmarkt das entscheidendere ist. Zudem spielen bei der Kunst auch Emotionen eine große Rolle. Ein rationales oder datenbasiertes Abschätzen des Potentials eines Kunstwerkes ist praktisch unmöglich.
»Salvator Mundi« bricht alle Rekorde
Ein Extrembeispiel hierfür: Das laut »Statista« teuerste Kunstwerk der Welt ist Leonardo da Vincis »Salvator Mundi«, das im Jahr 2017 bei einer Versteigerung des Auktionshauses »Christie’s« in New York einen Preis von 450,3 Millionen US-Dollar erzielt hat. Käufer war das Saudische Königshaus. Warum dem Käufer dieses Bild eine solche Summe wert war, kann nur erahnt werden. Das Bild, Öl auf Holz, misst gerade einmal 66 mal 46 Zentimeter und die Provinienz konnte nie eindeutig geklärt werden. Die Expertenmeinungen reichen laut verschiedenen Medienberichten von »Ist von da Vinci« bis »da Vinci könnte beteiligt gewesen sein«. Sicher ist nur, dass zwei US-amerikanische Kunsthändler das Bild im Jahr 2005 für 1.175 US-Dollar von einem Auktionshaus in New Orleans gekauft haben. Es ist nicht anzunehmen, dass sie geahnt haben, dass das Werk jemals für hunderte Millionen US-Dollar verkauft werden würde.
Dieses Beispiel zeigt, wie unberechenbar im Sinne des Wortes der Kunstmarkt sein kann. Im schlimmsten Fall ist es umgekehrt: Ein junger Künstler wird heute noch hoch gehandelt, dann verschwindet er komplett vom Markt, die Bilder verlieren an Wert. In erster Linie ist der Kunstmarkt ein Sammlermarkt, der von Emotionen dominiert wird. Das meint auch eine der weltweit führenden Galeristen, Dominique Lévy, die laut »Handelsblatt« beim Kauf zu »Leidenschaft, Liebe, Wissen und Zeit« rät und wer dafür keine Zeit habe, möge ein Team beauftragen. Hier kann ein Art Consultant nicht nur für reine Sammler, sondern auch für Anleger hilfreich sein. Seriöse Art Consultants zeichnet aus, dass sie den Kunstmarkt bis in die Tiefen kennen und vor allem sind sie weltweit bestens vernetzt. Auch Galeristen können als Berater hilfreich sein.
Wissen steht an erster Stelle
Wer mit Kunst Rendite erzielen möchte, kann in Kunstfonds investieren oder eine eigene Sammlung erstellen. Letzteres ist ungleich aufwändiger, denn das bedeutet, sich mit dem Markt auseinanderzusetzen. Hier gilt auch wie so oft Warren Buffetts Maxime: »Investiere nie in etwas, worin du dich nicht auskennst.« Deshalb könnten Kunstmessen eine erste Anlaufstelle sein, den Markt kennenzulernen und Kontakte zu knüpfen. Zum Beispiel findet vom 16. bis 19. November die »Art Cologne« statt, die weltweit älteste Kunstmesse. Als Orientierung kann auch die Internetplattform »artnet« dienen. Hier können Interessierte das weltweit umfangreichste Archiv für Auktionsergebnisse studieren. Alle Auktionsergebnisse werden hier von Kunsthistorikern verifiziert und katalogisiert, was einen guten Überblick bieten kann.
Der Kunstmarkt hat seine eigenen Gesetze, über die man sich zumindest gut informieren sollte. Ausstellungen, Museen und Messen zu besuchen, ermöglicht es, das Auge zu schulen und einen eigenen Geschmack zu entwickeln. Auch Kunstblogs helfen, den Markt besser einschätzen zu können. Denn irgendwann gelangt man an den Punkt, das erste Kunstwerk zu kaufen. Und da ist die Hemmschwelle angesichts des Risikos auf den falschen Künstler zu setzen, relativ hoch. Manche investieren niedrige vierstellige Beträge in unbekannte Künstler und hoffen auf eine Wertsteigerung, andere nehmen gleich viel Geld in die Hand und kaufen ein Bild von beispielsweise Gerhard Richter, für dessen Werke Millionen gezahlt werden. Zu den »Blue Chips« des Kunstmarktes zählen zum Beispiel auch Pablo Picasso, Alexej Jawlensky, Jeff Koons, Joan Mitchell, Willem de Kooning oder Lucio Fontana, für deren Werke viel Geld übrig sein sollte. Wie es kommen wird, kann keiner sagen. Galeristin Dominique Lévy rät, »Eier in verschiedene Körbe zu legen«. Ihrer Erfahrung nach kämen angesichts der unzähligen Teilmärkte auf drei Kunstwerke, deren Wert steige, zehn, bei denen sich der Erfolg nicht einstelle.
Fest steht aber, dass es für die Investition in Kunst nur Angebot und Nachfrage gibt, anders als bei Aktien, deren Wertentwicklung noch von anderen Faktoren abhängt. Deshalb kann es ratsam sein, als angehender Kunstinvestor zunächst wichtige Auktionen zu beobachten. Der transparent ausgetragene Wettstreit um ein Kunstwerk zeigt eindrucksvoll die Ermittlung des aktuellen Marktwertes, es ist sozusagen ein Live-Ereignis. Ein Restrisiko bleibt Investment in Kunst dennoch immer. Trends kommen und gehen, die Geschmäcker ändern sich. Und das Beispiel »Salvatore Mundi« zeigt, dass der Kunsthandel mitunter von Mechanismen gesteuert wird, die nicht offensichtlich sind, sondern sehr persönlich. Sammelleidenschaft, der Wille, ein bestimmtes Kunstwerk unbedingt haben zu wollen, spielen eine große Rolle.
Umsatzsteigerung im Krisenjahr
Auf dem Kunstmarkt wird viel Geld bewegt, auch national. Allein der deutsche Kunstmarkt hat im Jahr 2021, laut der Initiative Kultur- & Kreativwirtschaft der Bundesregierung, rund zwei Milliarden Euro an Umsatz gemacht. Kunst kann ein spannendes Feld und eine alternative Anlageklasse sein. Und einige Experten sehen einen Zusammenhang zwischen Inflation, Zinsen und Kunstmarkt. Die steigende Inflation und niedrige Zinsen führen zu einer Belebung des Kunstmarktes, stellte zum Beispiel unter anderem die Kunstmarktexpertin Dr. Ruth Polleit Riechert fest. Tatsächlich konnte der internationale Kunstmarkt laut »Global Art Market Report« im Krisenjahr 2021 einen Umsatz von geschätzt 65,1 Milliarden US-Dollar verzeichnen, ein Zuwachs von 29 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 2022 war es noch ein Zuwachs von drei Prozent auf 67,8 Milliarden US-Dollar.
Polleit Riechert schreibt in ihrem Blog, die Phase von Inflation und Niedrigzins lohne für ein Kunstinvestment. Wenn ein Kunstwerk auch keine intrinsische Rendite abwerfe, als Mittel zum Gelderhalt sei Kunst eine gute Möglichkeit und eine sinnvolle Portfoliobeimischung. Aber auch, wenn die Zinsen wieder steigen und die Inflation ihre Hochphase hinter sich hat, kann der Kunstmarkt für Anleger ein spannendes Feld sein. Dr. Ruth Polleit Riechert empfiehlt auf ihrem Blog, mit kleineren Werken von Künstlern zu beginnen, die gerade ihren Abschluss an der Kunsthochschule gemacht haben. »Potenzielle Anleger sollten ein Werk grundsätzlich nur dann kaufen, wenn sie es eigentlich nie wieder hergeben wollen«, sei ihrer Meinung nach die wichtigste Regel beim Kauf eines Kunstwerkes.
Die Coverstory »Kunstinvestment: Rendite mit Rahmen« und weitere spannende Texte lesen Sie im aktuellen Sachwert Magazin ePaper Ausgabe 130 –> LINK