Die Funktionenspaltung des Geldes als wirksamer Schutz vor willkürlicher Geldverschlechterung
Die in der Überschrift gestellte Frage mag provokant klingen, jedoch ist sie bei genauer Betrachtung naheliegender, als die meisten Bürger unseres Landes glauben mögen.
Ludwig von Mises wies in seiner 1912 veröffentlichten Habilitationsschrift »Die Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel« unter anderem nach, dass Geld ein Gut wie jedes andere ist. Es ist das marktgängigste Gut und wir Menschen nutzen es daher zum Tausch gegen andere Güter, um unsere Situation zu verbessern und um unseren subjektiv definierten Zielen näher zu kommen oder sie durch den freiwilligen Tauschvorgang zu erreichen.
Die Tauschfunktion bezeichnete von Mises als die einzige Funktion des Geldes. Die Wertaufbewahrungsfunktion und die Rechenfunktion sah er als Ableitung aus der Tauschfunktion an. Es sei, so Mises, nicht notwendig, die Geldmenge quantitativ zu verändern, denn um den Tauschakt zu vollziehen, reicht die ursprünglich vorhandene Geldmenge vollständig aus. Eine zahlenmäßige Erweiterung hatte durch zeitverschobene Preisveränderungen für ihn unweigerlich umverteilende, verwässernde und geldverschlechternde Effekte.
Das Aufblähen der Fiat-Geldmenge
An Zahlen festgemacht und in die Praxis beziehungsweise unsere heutige Welt übertragen: Die Geldmenge in der Eurozone wurde seit Errichtung des Euro-Systems im Jahre 1999 bis Ende 2021 weit mehr als verdreifacht. Ein Unternehmer, der seinen Gewinn, gemessen in Euro, im identischen Zeitraum lediglich verdoppeln konnte, hat unter dem Strich »an Boden« verloren. Die Steigerungsrate von 1999 bis 2021 sollte, wenn der Unternehmer seine Ertragsentwicklung in Euro misst, mindestens den Wachstumsraten der gesamten Geldmenge entsprechen. Das Aufblähen der Geldmenge ist das, was Ökonomen der Österreichischen Schule der Nationalökonomie als Inflation bezeichnen. Die Aufblähung der Geldmenge ist folglich die Ursache und die Güterpreissteigerungen sind im Zeitablauf das spürbare kaufkraftmindernde Symptom.
Seit der Aufkündigung der formalen Golddeckung im August 1971 wurde die gesamte Geldmenge der Vereinigten Staaten von Amerika um mehr als den Faktor 30 aufgebläht. Mit jedem Dollar oder jedem Euro, der durch die Ausgabe neuer Kredite oder den Ankauf von zusätzlichen Vermögensgegenständen durch Banken von Nicht-Banken entsteht, verringert sich der Tauschwert des Tauschgutes Geld.
Anders formuliert: Mit jeder zusätzlichen neuen Geldeinheit nimmt der Grenznutzen des Geldes ab. Die Knappheit und der Tauschwert von Euro und Dollar, aber auch von anderen Geldeinheiten der Fiat-Geld-Charakteristik wurden erheblich herabgesetzt. Es ist insofern nur denklogisch, dass die Preise für in Relation zur Geldmenge knapper gebliebene Vermögensgüter, wie zum Beispiel Unternehmensanteile (Aktien) und Immobilien, steigen.
Stellen wir einen weiteren Vergleich an und errechnen, wie in der Abbildung dargestellt, den Wert des 500 Unternehmen umfassenden amerikanischen Aktienindex S&P 500 in Gold und in US-Dollar. Gold ist ohne Zweifel im Gegensatz zum US-Dollar ein knapperes Gut, das nicht buchhalterisch vermehrbar ist, sondern unter Einsatz von Arbeit und Kapital produziert werden muss. Darüber hinaus ist Gold seit einigen Tausend Jahren ein Tauschgut und war lange Zeit das Geld der Menschen.
Während der Preis, errechnet im Kreditgeld US-Dollar, nahe den Höchstständen notiert, liegt der in Gold errechnete Preis mehr als 40 Prozent unter dem Allzeithoch des Jahres 2000.
Es ergibt wenig Sinn, für die Entwicklung seiner Vermögenswerte oder für die Ertragsentwicklung des eigenen Unternehmens eine Recheneinheit zu nutzen, die ohne wirklichen Produktionsaufwand durch Kreditvergabe oder Asset-Käufe der Banken von Nicht-Banken buchhalterisch vermehrt werden kann. Allein seit Anfang 2020 wurde die US-Geldmenge (M2) um mehr als 40 Prozent und die gesamte Geldmenge der Eurozone (M3) um mehr als 20 Prozent ausgedehnt. Die Geldverschlechterung nimmt absurde Formen an, was selbstredend zur Folge hat, dass relativ knapper gebliebene Güter in diesem Umfeld eigentlich nur im Preis steigen können. Auch Ertragssteigerungen von Unternehmen sind in einem inflationären Geldsystem nichts anderes als eine logische Konsequenz. Viele Güter werden teurer und so steigen die Umsätze folgerichtig.
Das abgebildete Beispiel im S&P 500 und die Berechnung dieses Vermögenswertes in Gold ist das, was man als Funktionenspaltung des Geldes bezeichnet. Die Funktionenspaltung ist nichts anderes als die Loslösung der Rechen- und Wertaufbewahrungsfunktion von der Tauschfunktion.
Kein neues Problem: Münzverschlechterung und Funktionenspaltung des Geldes
Dieser Vorgang war im Mittelalter offenkundig eher die Regel als die Ausnahme. Am Ende des Mittelalters gab es als Ergebnis eines extremen Partikularismus 600 Münzprägestätten in einigen Hundert Einzelterritorien. Das, was heute als Gelddrucken beziehungsweise Ausweitung der Geldmenge bekannt ist, nannte man damals Münzverschlechterung. Der Edelmetallgehalt in den Münzen wurde herabgesetzt, wodurch die Währung inflationieren konnte. Anders ausgedrückt: Der »Münzherr« vergrößerte die Differenz zwischen Realwert und Nominalgehalt und erhöhte durch diesen Vorgang seinen Geldschöpfungsgewinn. Außerdem schuf sich ein Münzherr, der eine solche Münzverschlechterung (Inflation) betrieb, gleichzeitig die Möglichkeit, sich selbst real zu entschulden. Der Wettbewerb unter den Münzprägestätten jedoch führte dazu, dass die Tausch- von der Rechenfunktion getrennt wurde, um der Geldverschlechterung zu entgehen. Man tauschte nur noch mit den verschlechterten Münzen und rechnete in der hart beziehungsweise stabil gebliebenen Einheit. Schulden und Guthaben wurden auch in der »seriösen Münze« valutiert. Man konnte also im Umfeld gespaltener Geldfunktionen der Inflation durch Münzverschlechterung mit kalter Gleichgültigkeit begegnen. Gewissermaßen bot die Möglichkeit der Funktionenspaltung der Gesellschaft also einen Schutzmechanismus vor der Inflation und damit vor der Enteignung. In einer Welt, in der es riesige Währungsmonopole und zentrale Institutionen zur planerischen Steuerung dieser Währungen gibt, ist der einfache Bürger der inflationsbedingten Enteignung (Geldwertverlust durch das Aufblähen der Geldmenge) nahezu hilflos ausgeliefert.
In der heutigen Zeit hätte man, verglichen mit der damaligen Zeit, mittels Informationstechnologie und automatisierter Prozesse hervorragende Möglichkeiten, umzurechnen. Damals waren die Zustände natürlich ein wenig komplizierter. Man nutzte Münztabellen (Tarife) und Umrechnungssysteme, wie zum Beispiel das Libra-System. In der werthaltigen Recheneinheit wurden Schuldverhältnisse, Konten und Bücher geführt und so blieb der Realwert konstant und kein Gläubiger wurde in Folge von Münzverschlechterung enteignet.
Die Funktionenspaltung des Geldes würde es den Menschen auch heute erlauben, sich vor der willkürlichen Geldverschlechterung durch die Institutionen zu schützen.
Preisindizes – von Fiat-Geld- zu Wodka-Indizes
Um die Funktionenspaltung zu verhindern, gibt es heutzutage das sogenannte Indexierungsverbot. Die Politiker der Bundesrepublik Deutschland schreiben gesetzlich vor, dass die vertragliche Bindung von längerfristigen Geldforderungen (Nominalwerten) nicht an einen Preisindex zur Wertesicherung gebunden werden darf. Hiervon gibt es zwar in engen Grenzen Ausnahmen, beispielsweise bei längerfristigen Mietverträgen, aber es ist nicht so einfach möglich, sich der Funktionenspaltung zu bedienen und Klauseln, die die Geldverschlechterung im Sinne der Parteien korrigieren, in Verträge aufzunehmen. Es gilt grundsätzlich das sogenannte Nominalwertprinzip. Der über die Jahrzehnte entstandene volkswirtschaftliche Schaden ist schier unermesslich, nicht exakt quantifizierbar und geht zulasten der Gläubiger von Geld- beziehungsweise Nominalwerten.
Übrigens gab es auch in der UdSSR Anzeichen einer Funktionenspaltung des Geldes. Die Halbliterflasche Wodka »Stolitschnaja« galt im Rahmen der weitverbreiteten Naturaltauschwirtschaft als universelle und beständige Recheneinheit.
Fiat-Geld und Kapitalismus sind unvereinbar
Selbstverständlich profitieren einflussreiche international agierende Finanzunternehmen und Kapitalsammelstellen von der Geldverschlechterung. Im Grunde sind sie mächtige Verbündete der Zentral- und Geschäftsbanken, welche die Inflation (Aufblähung der Geldmenge) erzeugen, und viele Geschäftsmodelle basieren gewissermaßen auf der Geldverschlechterung. In relativ sicherer Gewissheit einer fortwährenden Geldverschlechterung kaufen diese Unternehmen mit hohen Fremdkapitalquoten Sachwerte wie zum Beispiel mittelständische Unternehmen, Aktien, Immobilien, Ackerland und so weiter. Die Geldverschlechterung entschuldet die Akteure real, weil die Kaufkraft (Tauschwert) des Geldes im Rahmen der Geldmengenausweitung (Inflation = Aufblähung) sinkt und die Sachwerte zu gegebener Zeit zu gestiegenen Preisen – errechnet in Fiat-Geld – verkauft werden können, um Gewinne zu realisieren. Eine nicht leistungsgerechte Bereicherung ohne wertschöpfende Effekte für die Volkswirtschaft. Es ist eine Werteumverteilung von unten sowie der Mitte nach ganz oben zu beobachten. Mit Marktwirtschaft hat dieser Vorgang nichts gemein. Folgerichtig ist dieser Umverteilungsprozess ein marktfernes Fiat-Geld-Wirtschaftssystem und alles andere als Marktwirtschaft. Der von der freiheitlichen Community und auch mir sehr geschätzte Roland Baader sprach äußerst treffend von »Geldsozialismus« oder »Geldplanwirtschaft«.
Die Funktionenspaltung des Geldes würde dieser sozial- und leistungsungerechten geldplanwirtschaftlichen Werteumverteilung ein Ende bereiten. Die reale Entschuldung durch Geldverschlechterung wäre durch Valutierung in harter oder relativ knapper gebliebener Recheneinheit nicht möglich. Ein breitflächiges Umdenken wäre hierfür erforderlich. Die Folgen der Geldverschlechterung stellen eine inhärente Gefahr für Wohlstand, Sicherheit, Frieden und Freiheit unserer Gesellschaft dar.
Lösungsmöglichkeiten – von der Mark Banco bis zu »Kryptos«
Um eine Lösung für die heutige Zeit zu konstruieren, gilt es jedoch, einige Überlegungen anzustellen. Der Blick in die Geschichte gibt eine erste Richtung, aber da sich die Gegebenheiten ändern, kann man die historischen Lösungen nicht eins zu eins auf die heutige Zeit anwenden. So sehr ich die Bitcoin-Bewegung und die dezentrale Denkweise schätze, die hohe Schwankungsintensität lässt eine solide kaufmännische Kalkulation derzeit nicht zu. Im Rahmen eines breit diversifizierten Portfolios sehe ich persönlich einen Platz für Bitcoin. Die Wertaufbewahrungsfunktion ist scheinbar bislang gegeben, das heißt, Bitcoin ist (1.) nicht beliebig durch Buchungssätze vermehrbar und (2.) die historischen Transaktionen belegen, dass die Menschen gewisse Mengen an Bitcoin höher bewertet haben als die dafür hergegebenen Mengen an Fiat-Geld. Aber die hohen Schwankungen sollte man als ambitionierter Investor schon aushalten können. Für konservative Anleger wirkt die hohe Volatilität des Krypto-Platzhirsches vermutlich eher abschreckend.
Lenken wir im Hinblick auf eine Lösung den Blick in die jüngere Geschichte und legen den Fokus auf die Jahre der massiven Münzverschlechterung zur »Kipper- und Wipperzeit«. Speziell seit Mitte des 16. Jahrhunderts kam es zu einer fast schon breitflächigen systematischen Geldverschlechterung. Regional explodierte das Verhältnis zwischen vollwertigen Reichstalern und minderwertigen Kreuzern förmlich. Das seriöse Kalkulieren war für die Kaufleute unmöglich geworden. Eine Wirtschaftsrechnung war nicht mehr darstellbar.
Kurz vor dem Höhepunkt der Verschlechterung zwischen den Jahren 1620 und 1622 gründeten lösungsorientiert denkende Kaufleute gemeinsam mit dem Rat der Stadt die Hamburger Bank und schufen im März 1619 die Mark Banco. Die Hamburger Mark Banco war eine reine Verrechnungseinheit, es gab folglich keine Münzen. Eine Mark Banco entsprach 8,66 Gramm Silber und entsprechend der eingelieferten Silbermenge wurde dann im Rahmen dieses Umtauschverhältnisses Mark Banco bei der Hamburger Bank gutgeschrieben. Wenn Handel betrieben oder Geschäfte getätigt wurden, belastete man das Konto des Kunden und schrieb es dem Lieferanten oder Leistungserbringer gut.
Durch die rohstoff- beziehungsweise edelmetallbasierte Deckung installierten die findigen und weitsichtigen Kaufleute einen Anker. Während man sich in der heutigen Zeit schon wenige Jahre nach Einführung des Euro nicht mehr an die Nichtbeistandsklausel gemäß Artikel 125 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) erinnern konnte, hielt man sich in Hamburg über mehrere Generationen hinweg strikt an das ursprüngliche vereinbarte Deckungsverhältnis. Dieser Vergleich spricht Bände im Hinblick auf das Wertekorsett der heutigen Geldhüter, die man auf Basis der Fakten besser als systematische Geldverschlechterer bezeichnen sollte. Aber das nur nebenbei bemerkt.
Die Hamburger Mark Banco ermöglichte den Kaufleuten im Rahmen der Funktionenspaltung des Geldes das seriöse und konstante Kalkulieren über einen sagenhaften Zeitraum von über 250 Jahren. Erst nach der Gründung des Deutschen Reiches nach 1871 ging die Hamburger Bank gewissermaßen per Diktat und ohne ein Scheitern der Mark Banco per 31. Dezember 1875 in der zentralen Reichsbank auf. Das Ende des dezentralen guten Geldes in der Hansestadt war besiegelt. Würde eine »Neue Mark Banco« mit Silber- oder Golddeckung heute auf Basis einer digitalen Verrechnungseinheit eine Lösung darstellen?
Die Manipulation von Edelmetall-Preisen mit Finanzderivaten
Wenn die Preise für Gold und Silber nahezu parallel mit der Geldverschlechterung, also mit dem Aufblähen der Geldmengen korrelieren und ansteigen würden, dann würde diese Konstruktion eine Lösung anbieten. Genau an dem Punkt stellen wir jedoch fest, dass sich die Gegebenheiten, jetzt mehr als 400 Jahre nach der Einführung der Mark Banco, erheblich geändert haben. Moderne Finanzinstrumente, sogenannte derivate Produkte, haben Einzug erhalten. Was eigentlich zur sinnhaften Absicherung beziehungsweise Kalkulationssicherheit gegen Kursschwankungen in den verschiedenen Basiswerten der Rohstoff- und Devisenmärkte entwickelt wurde, pervertiert nunmehr zur gezielten Manipulation.
Mittels der besagten Finanzinstrumente ist ein Kaufmann in der Lage, seine realwirtschaftliche Position mit einem Bruchteil des Kapitaleinsatzes und unter Einsatz von nahezu 100 Prozent Fremdkapital (Hebelung) zu neutralisieren. Eine Öl-Lagerposition mit einem Wert von beispielsweise einer Million kann am Terminmarkt gehebelt über Optionen, Futures oder ähnlich verkauft werden. So gestaltet der Kaufmann seine Lagerposition »delta-neutral«. Fällt der Ölpreis, kompensiert die gewinnbringende Position am Terminmarkt den Verlust der physischen Position im Lager. Würde der Kaufmann sich nicht absichern, müsste er den Verlust aus der Lagerposition in der Bilanz korrigieren. So könnte aus einem ertragreichen Jahr sehr schnell ein defizitäres Jahr werden. Im Grunde ist dieser Vorgang mit einer Versicherung vergleichbar und ergibt kaufmännisch betrachtet durchaus Sinn. Die Versicherungsprämie gegen den Eintritt eines Schadens ist im Vergleich zur möglichen Schadensumme gering und so verhält es sich auch bei den Finanztransaktionen zur Absicherung gegen Kurschwankungen.
Nun ist es aber so, dass es möglich ist, mit derartigen Geschäften die Märkte breitflächig zu manipulieren und Kurse künstlich niedrig zu halten. Ein steigender Goldpreis indiziert einen Vertrauensverlust in das politische Fiat-Geld und daran haben weder die Akteure der Zentralbank noch die politisch Handelnden ein Interesse. Mittels derivater Finanzpapiere ist es im Umfeld des deckungslosen Schuldgeldsystems überhaupt kein Problem, die Preise für Gold, Silber und andere Basiswerte im großen Stil massiv zu beeinflussen und niedrig zu halten. Im Laufe der Zeit ist es sehr unwahrscheinlich, die Preise auf niedrigem Niveau halten zu können. Irgendwann werden die Verkaufspositionen glattgestellt werden müssen. Um eine Verkaufsposition zu neutralisieren, ist ein Kauf notwendig. Geschieht dieser Vorgang im großen Umfang, dominiert die Nachfrage das Angebot an Gold und Silber und folglich steigen die Preise sehr dynamisch an.
Die Problematik ist klar: In der heutigen Zeit sind die Preise für die Edelmetalle Gold und Silber derart manipulierbar, dass wir das Thema Funktionenspaltung, zumindest in Bezug auf die Kalkulationsfunktion, anders angehen sollten. Die Deckung durch Gold oder Silber hat sich vielfach bewährt. Darauf sollte man sich, zumindest nach meiner Auffassung, gerade in diesen verrückten Zeiten der nahezu kompletten Deckungslosigkeit des Fiat-Geldes zurückbesinnen. Jedoch wäre es unter Umständen sinnvoll, die neue Verrechnungs- und Kalkulationseinheit um einen weiteren Parameter zu ergänzen. Unabhängig von der Tatsache, ob Gold oder Silber im Vergleich zu den bekannten Fiat-Geld-Währungen steigen, wäre es ratsam, die »Neue Mark Banco« um die Ausweitung der jeweiligen Geldmenge zu bereinigen. Vom 1. Januar 2020 bis Ende Juli 2022 wurde die gesamte Geldmenge der Eurozone (Geldmengenaggregat M3) um ungefähr 20 Prozent aufgebläht beziehungsweise inflationiert. Im Vergleich zum Euro hätte die relativ knapp gebliebene »Neue Mark Banco« den Wert um 20 Prozent gesteigert. Der reale Wert hätte sich wie beim Vorbild der mehr als 250 Jahre bestehenden Mark Banco natürlich nicht verändert, weil dieser auf der Deckung beruht. Nur in Relation zum Euro oder zum US-Dollar hätte sich die Relation auf Basis der tatsächlichen willkürlichen Geldverschlechterung verschoben. Dieser Artikel soll lediglich einen kreativen Denkanstoß geben. Selbstverständlich ist die Entwicklung einer »Neuen Mark Banco« deutlich komplexer und nur umsetzbar im Rahmen einer interdisziplinären Gruppe.
»Dieselfloater« als Preisindex
Abschließend sei erwähnt, dass die Unternehmer sich auch vom Indexierungsverbot nicht abhalten lassen und die Funktionenspaltung auf andere Art und Weise längst Einzug gehalten hat. So arbeiten einige Transportunternehmer mit einem sogenannten »Dieselfloater«. Die Transportpreise beinhalten einen variablen Anteil. Dieser wird an den Dieselpreis gekoppelt und so gestaltet man die Frachtrate dynamisch beziehungsweise angepasst an die schwankenden Kraftstoffpreise. Speziell die Preisexplosionen seit Ende Februar 2022 hatten zur Folge, dass die Frachtraten nicht mehr kostendeckend zu halten waren. Des Weiteren gibt es bezogen auf dieselbe Branche einen Transportkostenindex, der sich in längerfristige Verträge integrieren lässt. Steigt der Index um einen vereinbarten Prozentsatz von beispielsweise fünf Prozent, erhöht sich automatisch auch der Transportkostenpreis, zum Beispiel um ebendiese fünf Prozent.
Not macht erfinderisch (hominem experiri multa paupertas iubet)
Die Menschen sind kreativ und handeln, wann immer es Handlungsbedarf gibt. Je höher die Not und der Handlungsbedarf sind, desto größer sind der Leidens- oder Handlungsdruck und desto höher somit auch die Kreativität der handelnden Wirtschaftssubjekte. Gerade in anspruchsvollen oder »verrückten« Zeiten ist mit unglaublicher Kreativität zu rechnen.
Auch im Falle einer digitalen Zentralbankeinheit und der damit verbundenen Abschaffung des Bargeldes würden sich nach meiner Auflassung relativ schnell und aus der Not heraus kreative Parallelsysteme entwickeln. Klar denkende Menschen und findige Unternehmer werden sich ein Beispiel an den Gründern der Hamburger Mark Banco nehmen und werden in Aktion treten, um sich zu schützen. Ludwig von Mises lag goldrichtig mit der Feststellung, dass der Mensch handelt …
Diese Tatsache sollte uns positiv stimmen und uns anspornen, gemeinsam in Form von kreativen Denk- und Handlungsgruppen an sinnhaften und umsetzbaren Lösungen zu arbeiten!
Der Autor:
Benjamin Mudlack ist diplomierter Wirtschaftsinformatiker, der Autor von »GeldZeitenwende« und Vorstand der Atlas Initiative für Recht und Freiheit.
Aus: Sachwert Magazin 01/23