Bei Geld hört in Deutschland nicht nur die Freundschaft, sondern auch das Vertrauen auf – das zeigen jedenfalls zahlreiche Umfrage-Ergebnisse der letzten Jahre. Als Weiterbildungsexpertin führt Esra Erdem im Auftrag eines Hamburger Instituts für Strategie- und Projektberatung unter anderem Finanzdienstleister zum Erfolg; sie selbst hat ihre beruflichen Wurzeln ebenfalls im Vertrieb. Wir haben mit ihr darüber gesprochen, welchen Stellenwert das Kundenvertrauen in der Branche einnimmt und welchen Herausforderungen Finanzdienstleister in Zukunft begegnen werden.
Frau Erdem, Sie waren selbst in der Finanzdienstleistungsbranche tätig und sind jetzt für Weiterbildungen mit dem Fokus auf Vertrieb, Verkauf, Strategie- und Performanceentwicklung zuständig. Welche Faktoren spielen Ihrer Erfahrung nach eine Rolle, wenn sich Kunden für eine bestimmte Finanzdienstleistung entscheiden, und welchen Stellenwert nimmt das Vertrauen zum Finanzdienstleister hierbei ein?
Kunden entscheiden sich dann langfristig für ein Finanzdienstleistungsprodukt, wenn sie im Fokus der Beratung stehen und die eigenen Bedürfnisse vollumfänglich Berücksichtigung finden. Was nichts anderes bedeutet, als dass die Entscheidung für ein Produkt über den Weg der hochqualitativen und vertrauensvollen Beratung geht. Kunden entscheiden sich also zunächst für oder gegen einen Berater und dann für ein Produkt. Die Performance der Finanzdienstleister rückt für den Kunden immer mehr in den Fokus und ist nicht zuletzt das Entscheidungskriterium für oder gegen eine Finanzdienstleistung. Kunden wollen verstanden und im Kontext ihrer finanziellen Lebenssituation sinnvoll begleitet und beraten werden. Das stellt die Branche vor einige Herausforderungen, denn gerade das aktuell vorherrschende negative Image der Finanzdienstleistungsbranche ist nichts anderes als das Ergebnis von Vertrauensverlust und muss wieder umgekehrt werden. Vertrauensbasierte Kundenbeziehungen zu schaffen, sollte für Finanzdienstleister den allerhöchsten Stellenwert haben und ist meines Erachtens die Lösung für eine erfolgreiche Beratung, nachhaltige Kundenbeziehungen und die Zufriedenheit der Kunden.
Wodurch können Finanzdienstleister das Vertrauen des Kunden gewinnen und welche Situationen führen erfahrungsgemäß dazu, dass bereits gewonnenes Vertrauen wieder abnimmt oder gänzlich entzogen wird?
Der Weg, Vertrauen zu entwickeln, geht ausschließlich über Wertschätzung, Ehrlichkeit und Authentizität. Voraussetzung hierfür ist die Vorleistung der Berater, sich gründlich mit den faktischen Lebensbedingungen, Wünschen und Zielvorstellungen des Kunden auseinanderzusetzen – und zwar über den gesamten Beratungsprozess hinweg. Wenn zum Beispiel Aspekte des Lebensweltkontextes der Kunden von Beratern erkannt und genau skizziert werden, ist das Bilden von Vertrauen und eine ergebnisorientierte Beratung möglich. Gerade in Zeiten der Inflation ist der finanzielle Verlust für Finanzdienstleister durch Auflösung bestehender Verträge zum Beispiel ein großes Risiko. Hier sind sinnvolle finanzielle Entscheidungen für Kunden zu treffen, deren Grundlage stets eine professionelle sowie realistische Bedarfs- und Zielanalyse sein sollte.
Nur wenn Entscheidungen unter Beachtung aller relevanten Budgets sowie Ressourcen getroffen werden und die Lösungswege eine echte Vorteiloption bilden, wird dies vom Kunden mit Abschlüssen und einer langfristigen Bindung quittiert. Im Grunde entsteht Vertrauen dann, wenn Beratung darauf abzielt, den Kunden da abzuholen, wo er steht, und durch qualitativ hochwertige Beratungsansätze gewinnbringende Lösungen entstehen. Wenn es dem Berater gelingt, eine Vertrauensbasis zu schaffen und den Kunden einzubinden, wird dieser im Grunde automatisch zum Ausgangspunkt des Beratungsansatzes, da sich zwangsläufig ein Perspektivwechsel ergibt – weg von den kurzweiligen Abschlüssen, hin zu einer ganzheitlichen, nachhaltigen Beratung. Kunden verstehen sich heute eher als Akteure ihrer eigenen Finanz- und Lebensplanung, die gerne bereit sind, das Know-how und die Beratungsleistung von Finanzdienstleistern einzukaufen, insofern ihre Interessen und Bedürfnisse abgebildet werden. Das völlig überholte Verkaufsprinzip, über die Menge an Vertragsabschlüssen und am Kundenbedürfnis vorbei Gewinne zu erzielen, hat ausgedient. Der Trend der Nutzung etwaiger Vergleichsportale zeigt doch mehr als deutlich, dass Kunden Transparenz erwarten und das Steuer in die Hand nehmen, um sich deutlich mehr mit den Parametern eines Produktes und der Beratungsleistung auseinanderzusetzen.
Wie ist die Weiterbildungsbranche derzeit in Bezug auf Finanzdienstleister aufgestellt? Worauf ist zu achten, wenn es um die Wahl einer passenden Weiterbildungsmöglichkeit für Finanzdienstleister geht?
Wir bekommen sehr häufig die Rückmeldungen von Kunden, dass die bisher gebuchten Weiterbildungsmaßnahmen nicht zu dem gewünschten Erfolg geführt haben. Allem voran wird zur Begründung angeführt, dass Trainer im Coaching zu sehr auf den klassischen Wissenstransfer setzen und die Stärkung der Umsetzungskompetenz bei Teilnehmern nicht ausreichend fördern. Im Ergebnis wird dann noch mehr Wissen über Verkaufsprozesse angehäuft, jedoch wird nicht aufgezeigt, wie Kundenbeziehungen wertschätzend sowie nachhaltig gestaltet werden. Aus meiner Sicht ist es äußerst wichtig, dass alle Beratungs-, Trainings -und Weiterbildungsleistungen ausschließlich von praxiserfahrenen Beratern und Trainern angeboten werden. Nur so ist gewährleistet, dass die jeweiligen Kundenbedürfnisse zielgerichtet analysiert werden und in wertschöpfende Lösungen umgewandelt werden.
Gute Berater denken vorausschauend und handeln nachhaltig. Wir entwickeln daher mit unseren Mandanten nicht nur zielführende Verkaufskonzepte, sondern erarbeiten gleichzeitig alle erforderlichen Eckpfeiler für ein professionelles Beziehungsmanagement. Unsere Kunden melden uns regelmäßig positiv zurück, dass diese Kombination nicht nur auf das Beziehungskonto zwischen Finanzdienstleister und Kunde einzahlt, sondern auch wirtschaftlich erfolgreich ist. Kunden, die wieder Vertrauen in echte Berater fassen, sind dementsprechend bereit ein größeres Spektrum an Produkten und Leistungen in Anspruch zu nehmen und das rechnet sich natürlich auch mittel- und langfristig für den Finanzdienstleister. Es lohnt sich für Finanzdienstleister durchaus, den Job aufrichtig auszuüben und die Bedürfnisse der Kunden ernst zu nehmen. Das ist dann ein echter Win-win-Effekt.
Im Zuge der Digitalisierung nehmen viele Kunden auch die Möglichkeit in Anspruch, Finanzprodukte anhand von Vergleichsportalen auszuwählen. Inwiefern müssen Finanzdienstleister vor diesem Hintergrund umdenken, um als Berufsgruppe zukunftsfähig zu bleiben; braucht es beispielsweise andere Skills als zuvor?
Die Möglichkeiten und Vorteile aufgrund von Digitalisierung, Finanzdienstleistungsangebote zu vergleichen und als Kunde sehr zielgerichtet mit dem Anbietermarkt umzugehen, sind zahlreich. Diese Tendenz zeichnet sich schon länger ab und gilt auch für alle Branchen. Kunden sind inzwischen sehr selbstbestimmt, weil sie die Werkzeuge der digitalen Interaktion für sich nutzen. Letztlich ist dies jedoch auch nur eine Form des Wettbewerbs, welcher ein wichtiges Element unserer Marktwirtschaft ist. Die Digitalisierung der Kundenbeziehung hat sich branchenunabhängig mittlerweile am gesamten Markt durchgesetzt und gewährt Anbietern Möglichkeiten, zahlreiche Daten zu ermitteln und zum Zwecke der Prozessoptimierung und Marketingstrategien gewinnbringend für sich zu nutzen. So kann es auch Finanzdienstleistern gelingen, Stellschrauben und Erfolgstreiber in den Fokus zu nehmen und entsprechende Maßnahmen für die Kundenansprache, Servicequalität, Kundenzufriedenheit und Kundenbindung daraus abzuleiten. Viel wichtiger ist es jedoch, dass sich Finanzdienstleister um die zentralen Elemente der Kundengewinnung und -bindung kümmern und dies als elementaren Bestandteil ihrer Performance- und Beratungsleistung erkennen. Die nachhaltige Zufriedenheit des Kunden ist nach wie vor das wichtigste Erfolgskriterium. Voraussetzung hierfür ist immer noch, dass es im Beratungsprozess gelingt, Vertrauen zu schaffen und die Bedürfnisse und Ziele des Kunden in das Zentrum jeglichen Handelns zu rücken.
AS
Als Sparringspartnerin und Umsetzungsbeschleunigerin mit der Absicht, Ergebnisse und Lösungen für Kunden zu produzieren, beschreibt die STRATAVIS GmbH ihre Expertin für Consulting & Training Esra Erdem für Vertrieb, Verkauf und Performanceentwicklung. Neben ihrem Expertenwissen für Branchen, wie zum Beispiel Industrie sowie Groß- und Einzelhandel, kennt sie auch die Finanzbranche aus erster Hand.