Max Otte ist angeblich »Deutschlands bekanntester Crash-Prophet«. Stimmt diese Bezeichnung? Das Sachwert Magazin hat seine Prognosen unter die Lupe genommen.
Max Otte ist »Deutschlands bekanntester Crash-Guru aller Zeiten«, wie es der unabhängige Ökonom Daniel Stelter ausdrückte. In den letzten Jahren erschienen in den Mainstream-Medien immer wieder Artikel über den ehemaligen Hochschullehrer, in denen ihm unterstellt wird, dass er wie alle Crash-Propheten ständig vor einem Crash warne und dass er ein »Geschäft mit der Angst« betreibe. Im Januar 2020 titelte zum Beispiel der Tagesspiegel: »Max Otte, Dirk Müller & Co. Wenn Crashpropheten selbst zu Bruchpiloten werden.«
Stimmt dieses Narrativ? Max Otte sagt auf Nachfrage, dass er Börsenbulle sei. Zudem sieht er sich als Stockpicker und Value Investor, der unabhängig von Börsentrends Unternehmen mit erfolgreichen Geschäftsmodellen aufspüre und langfristig in sie investiere. In seinem Buch »Erfolgreiches Value Investieren«, das 2008 erstmals erschien, offenbarte er seinen Investmentsatz. 2010 legte Otte mit »Endlich mit Aktien Geld verdienen« nach.
Als sich die meisten Investoren aufgrund der Finanzkrise noch im Schockzustand befanden, sagte er dem Nachrichtenmagazin Focus Anfang 2011, dass er fast komplett in Aktien investiert sei. Zudem betont er immer wieder, dass Aktien Sachwerte seien und Aktien guter Unternehmen auch Krisen überstünden. Otte schreibt durchgehend, dass Aktien seine bevorzugte Anlageklasse seien.
Wir haben mehr als vierzig Prognosen des ehemaligen Hochschulprofessors über die letzten fünfzehn Jahre untersucht. Das waren u. a. Zitate auf Onlineplattformen wie dem Handelsblatt und Wirtschaftswoche, sowie aus seinen Büchern, aber auch Aussagen in den Sozialen Medien – zum Beispiel in Interviews bei YouTube. Die erste legendäre Crashprognose steht in seinem Buch »Der Crash kommt« vom Sommer 2006, die letzte Prognose stammt vom Januar 2021 in Focus Money. Mehr als drei Viertel dieser gesichteten Börsenprognosen von Max Otte sind bullish, also Kaufempfehlungen für Aktien.
In seinem frühen Werk »Der Crash kommt« schreibt Otte selbst: »Ich möchte nicht mit Ängsten spielen. Krisenpropheten hat es schon immer gegeben. Manchmal lagen sie richtig, oftmals aber falsch. Dies ist meine einzige Warnung.« Ein deutlicher Hinweis, dass Otte vorher positiv bei Aktien gestimmt war. Schon im Herbst 2000 veröffentlichte er im Econ-Verlag »Investieren statt sparen – wie Sie mit Aktien ein Vermögen aufbauen«. 2010 folgte »Endlich mit Aktien Geld verdienen« im FinanzBuch Verlag.
Otte trat zum ersten Mal 1999 mit dem Portal wallstreet:village öffentlich als Aktieninvestor in Erscheinung. Im Jahr 2000 gründete er zusammen mit dem Internetunternehmen freenet.de seinen Börseninformationsdienst Investor Village, seit 2003 betreibt er sein eigenes Portal »Der Privatinvestor«, seit 2008 seinen Flaggschiff-Fonds PI Global Value Fund (A0NE9G). Mittlerweile betreut Ottes Privatinvestor Kapitalanlage GmbH sechs Fonds und Sondervermögen, darunter der Max Otte Vermögensbildungsfonds (A1J3AM) und der Max Otte Multiple Opportunities Fund (A2ASSR), ein alternativer Investmentfonds in Liechtenstein für professionelle Anleger (in Liechtenstein auch für Privatanleger). Der Max Otte Multiple Opportunities legt wie alle anderen Otte-Fonds nach dem »Reinheitsgebot der Kapitalanlage« an, investiert also nur in Aktien, Anleihen, hält Liquidität vor und meidet Derivate. Er kann aber zusätzlich in physisches Gold und Silber im Tresor der Bank in Liechtenstein investieren und Positionen bis zu 20 Prozent des Fondsvermögens eingehen.
Die Performance der Otte-Fonds ist ordentlich. Sein ältester Fonds, der PI Global Value Fonds, hat seit Auflegung im Sommer 2008 netto 190 Prozent hinzugewonnen. Spannend ist, dass Otte nach eigenen Angaben während der Finanzkrise 2008 fast voll investiert war. Damit hat der Kurseinbruch im Herbst 2008 den PI Global Value Fonds kalt erwischt, er konnte sich dann aber mit Hilfe einer guten Aktienauswahl ab März 2009 sehr viel schneller erholen als die meisten Indizes und lag deutlich vor dem MSCI. Ottes jüngster Fonds, der Max Otte Multiple Opportunities Fund, hat seit Auflegung im Dezember 2016 netto 48 Prozent für seine Investoren erwirtschaftet.
Zurück zu den Börsenprognosen Ottes: Drei Viertel sind bullish. Besonders stechen seine beiden Interviews Online hervor seine beiden Interviews mit dem Magazin Börse Online. Am 26. März 2009 sagte er dem Magazin auf dem Höhepunkt der Panik und dem Tiefstand der Märkte (der DAX stand kurzfristig unter 3.000 Punkten): »Ich fühle mich wie ein Junge im Süßwarenladen, wenn die Eltern und der Verkäufer nicht da sind.« Der Corona-Crash war der schnellste und heftigste Börsencrash seit 1900. Innerhalb von nur sechs Wochen verloren viele Indizes 40 oder auch 50 Prozent. Erneut sagte Max Otte dem Magazin Börse Online am 4. April 2020 nahe dem Tiefstand der Märkte: »Ich fühle mich wieder wie ein kleiner Junge im Süßwarenladen.« Fast schon seltsam wirkte es, als Otte am 7. Februar 2016, als der DAX bei etwa 9.000 Punkten stand, ein Kursziel von 14.000 sah. Das entsprach zum damaligen Zeitpunkt einem Anstieg von 55 Prozent. Eineinhalb Jahre später stand der DAX dann tatsächlich fast bei 14.000, aber erst 2021 überschritt der Index die Marke wirklich.
Fazit
Ottes Stil als »Panikmache« und »Geschäft mit der Angst« zu bezeichnen, wirkt überzogen. Der Manager zeigt sich in seinen Prognosen als Aktienbulle und als überlegter Investor. Seine Warnungen vor einem Kurseinbruch auf dem Fondskongress in Mannheim jeweils im Januar 2018 und 2019 und vor einem Weltsystemcrash im Oktober 2019 wirken heute berechtigt. Aber Aktieninvestor Otte verzichtet auch in Panikphasen nicht auf Aktien. Die Performance gibt ihm recht.
Diesen und weitere Artikel finden Sie in der aktuellen Ausgabe 03/2021 vom Sachwert Magazin
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