Von Manfred Behrendt
Ich berufe mich hierbei auf den griechischen Philosophen Platon (427-347 v.Chr.) und möchte erläutern. Platon, später nach seinem Tod auch sein Schüler Aristoteles, machte sich Gedanken, wie eine Stadt oder ein Stadtstaat vernünftig regierbar wäre. Leider haben wir seine Ideen in den nächsten 2500 Jahren vergessen. Im Heute wohl auch kaum veränderbar, jedoch immer noch nachdenkenswert.
Platon plädierte dafür, dass eine Stadt oder wie es damals hieß Stadtstaat, niemals mehr als maximal 5040 Bürger haben sollte. „Leider“ haben wir schon vor und nach der Industrialisierung einen Wettkampf um die größte Stadt der Welt geliefert. Hätten wir uns an Platons Idee vom Ideal einer Stadt gehalten, hätten wir wohl nicht diese Probleme im Heute, wie wir sie eben haben in den Großstädten. Kriminalität, Parallelgesellschaften und viele andere Dinge, die uns abdriften lassen. Spinnen wir doch mal weiter. Auf Grund der damaligen Weltbevölkerung von 300 Millionen Menschen und heutigen Zahl von bald acht Milliarden Menschen, könnten wir für Platons Idee von 5040 Bürgern auch Familien nehmen. Also maximal 30.000 Bürger einer Stadt. Die Stadt- und Gemeindeoberen würden sorgfältiger ausgewählt werden und würden auch nicht mit gepanzerten Limousinen an uns vorbei fahren. Wie zu Platons Zeiten, wo sich alle Staatsdiener am Brunnen in der Stadt mit der Bevölkerung trafen und diskutierten.
Die Exekutive, Judikative und Legislative wären kein Problem, da sie sich ohne Aufwand gegenseitig kontrollieren könnten. Kann es sein, dass sogar die Begriffe Neid, Gier, arm und reich eine Wandlung bekommen? Aristoteles erweiterte es und nannte, dass sich jeder Bürger zumindestens vom Sehen kennen sollte. Gehen wir doch mal in uns. Die Bürger von Kleinstädten oder Gemeinden besitzen ein wohl besseres Gemeinschaftsgefühl und Vertrautheit bei Begegnungen wie in der großen anonymen Stadt. Besonders heute in der Aufnahme von Neubürgern ist eine positive Entwicklung zu verzeichnen. Vieles gestaltet sich bedeutend einfacher Mittelstand oder Armut wird es wohl ewig geben, jedoch mit einem gewissen Verständnis, wenn man sich zu mindestens kennt. Leistungen als Ausdruck für Wohlstand werden akzeptiert. Man sagt sich Guten Tag und fasst sich wohl selbst an die Nase, wenn man seine eigenen Leistungen, Bildung, Fleiß und Verdienst, auch eigene Mängel erkennt und akzeptiert. Nicht als Versager, sondern erkennt, warum der andere mehr besitzt. Der Begriff Nachbarschaft bekommt ebenso wohl eine positive Akzeptanz und Bedeutung. Jede Religion bekommt sein Gebäude als Begegnungsstätte und jeder Tag ist ein Tag der offenen Tür. Platon sprach vom Gemeinwesen. Sehr einfach genannt, hat das Gemeinwesen die Aufgabe, das Gute zu realisieren und vom Bürger auch zu verlangen. In dieser kleinen Stadt bekommt der Begriff Harmonie wohl ebenso seine Bedeutung. Jeder Bürger erkennt seine, ihm auch „zugeteilte“, entsprechend seiner Veranlagung Aufgabe und erfüllt sie zum Gemeinwohl. Die harmonische Seelenverfassung und der Begriff Demokratie bekommt ebenso seinen wahren Charakter zurück.
Ist es wahrlich zu spät, den Ideen von Platon für eine, nennen wir sie positiven Stadt, Ort oder Gemeinde zu folgen? Nehmen wir den Spruch des in Bulgarien geborenen Schriftstellers und Aphoristiker Elias Canetti (1905-1994) in Bezug auf Platons Idee bitte ernst:
„Die besten Gedanken, die einem kommen, sind erst fremd und unheimlich,
und man muss sie erst vergessen, bevor man auch nur beginnt, sie zu begreifen.“
Das kleine, im Urwald von Kolumbien gelegene und 1971 von Paolo Lugari gegründete europäische Aussteigerdorf „Gaviotas“ (die Möwe) zeigt uns, welche Möglichkeiten es gibt Eins möchte ich nennen. Nicht nur Platons Idee von eventuell friedlichen Städten sollten wir „beachten“, sondern vieles und sogar sehr viel von dem, was uns die griechischen Philosophen an Schriftlichem hinterlassen haben. Ich denke, dies ist wichtiger als die Suche nach einem anderen „Ötzi“ unter der Erde, ob nun Ramses II. an Fußpilz oder was auch immer gestorben ist, das sehr
viel Geld ausgegeben wird, wieviel ein Neutron wiegt oder ob das Grabtuch von Turin echt ist. Diese Abwägung von realem Nutzen für die stetig steigende Bevölkerung des Erdballs und Hunger und Elend auf der Welt sollte Priorität bekommen. Ist es wirklich zu spät?
Mehr zu diesen und anderen Ideen in den Büchern von
Manfred Behrendt