Von Dr. Christian Weilmeier
Der Wahlsieg Emmanuel Macrons 2017 hat die europäische Agenda verändert. Er trat mit einem bewusst pro-europäischen Programm an und wollte die europäische Einigung in Schwung bringen. Seine Hoffnung galt einer neuen Regierung Merkel, die aber lange auf sich warten ließ und jetzt grätscht ihm auch noch Italien dazwischen.
Es schien so, als käme die europäische Einigung erneut in Fahrt. Emmanuel Macron wurde mit einem bewusst und radikal pro-europäischen Programm neuer französischer Präsident. Zuerst, so sein Plan, wollte er in der Innenpolitik überfällige Reformen anstoßen, dann sollte die europäische Ebene an die Reihe kommen. In der Tat ist es ihm in den Monaten nach seinem Amtsantritt durchaus gelungen ehrgeizige Reformen in Frankreich anzustoßen, z.B. die Reform des Arbeitsmarktrechts. Der groß angekündigte Widerstand dagegen ist ziemlich verpufft und die Parteien der Linken, auch der gefeierte Mélenchon, sind verstummt. Ein für Macron guter Start also, nun aber kommt seine Macht-Maschine ins Stocken.
Die Bildung einer handlungsfähigen Regierung in Deutschland hat sehr viel mehr Zeit in Anspruch genommen als erwartet und wird erst jetzt Mitte März 2018 abgeschlossen. Die Lage in Europa hat sich in diesen Monaten nicht nur verkompliziert, sondern geradezu verdüstert. US-Präsident Donald Trump löst womöglich einen Handelskrieg und eine Ära des Protektionismus aus und in Italien haben im März europafeindliche Parteien die Mehrheit errungen. Für Macron ist das negativ, denn er braucht die Unterstützung der Südländer, um seine ambitionierten Vorhaben, die von einem eigenen Haushalt für die Euro-Zone bis hin zu einem Euro-Finanzminister reichen, umzusetzen. Von Italien, dem mächtigsten Staat im Süden Europas, kommt da keine Unterstützung mehr
Jetzt bleibt Macron nur noch das Tandem mit Merkel. Im Koalitionsvertrag der großen Koalition ist eine verstärkte Integration Europas festgeschrieben, vor allem, wenn es um die Finanzen geht. Doch Papier ist geduldig. Merkel ist nicht bekannt dafür, für Europa zu glühen und für die europäische Einigung große Risiken einzugehen. Zudem ist „Super-Europäer“ Martin Schulz, der die verstärkte pro-europäische Orientierung in den Koalitionsvertrag hineingebracht hat, gar nicht Teil der Regierung. Sehr unwahrscheinlich also, dass Macron mit Merkel den Durchmarsch wagen kann. Die nordeuropäischen Staaten der EU warnen schon ausdrücklich vor zu viel Europa-Integration, das wird Merkel in ihre Rechnung miteinbeziehen. Sehr schlechte Karten also für Macron.
Ein weiterer wichtiger Hinweis, wie es mit der EU weitergehen könnte, kommt aus dem Verhalten der EU im drohenden Handelskrieg mit den USA. Hier reagiert die EU extrem defensiv und bettelt bei den USA um Ausnahmen für sie selbst, anstatt eine selbstbewusste Haltung pro Freihandel einzunehmen. Trump wittert die Schwäche und legt nach, indem er der EU mit weiteren Handelserschwernissen droht, sollte sie nicht kuschen. Hier fühlt man sich an das Gehabe im 19.Jahrhundert erinnert. Die EU wirkt schwach und unentschlossen. Das ist kein Hinweis darauf, dass sie den kommenden Herausforderungen gewachsen ist und den Mut zu großen Schritten hat. Emmanuel Macron wird das mit Missmut registrieren. Vielleicht verpasst Europa eine einmalige Chance, sich weiterzuentwickeln. Eines ist klar, die Welt dreht sich weiter und wenn die EU in Schwäche und Angst erstarrt, dann wird sie zerbrechen Daran kann auch der französische Präsident nichts ändern und Merkel werden dann die Trümmer um die Ohren fliegen, die dann ihre Planungen endgültig zerstören. Übergroße Vorsicht kann ebenso tödlich sein wie das Eingehen zu großer Risiken.
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