Berlin, 22.03.2017: Was nur wenige Steuerzahler wissen: Sie können das Finanzamt als Geldanlageinstitut nutzen. Wenn sie Ihre Steuererklärung nämlich sehr spät abgeben, winken hohe Zinsen. Ganze 6 % pro Jahr zahlt das Finanzamt. Das gilt aber nur unter folgenden Voraussetzungen:
- Man ist nicht verpflichtet, eine Steuererklärung einzureichen, sondern nutzt die Möglichkeit der freiwilligen Steuererklärung
- Man hat auch im Vorjahr keine Steuererklärung abgegeben
- Man erhält eine Steuererstattung
0,5% Verzinsung pro angefangenem Monat
Nicht jeder kann sich aussuchen, ob und wann er seine Steuererklärung abgibt. Dieses Privileg ist fast ausschließlich Arbeitnehmern vorbehalten. Diese haben 4 Jahre Zeit, die Einkommensteuererklärung einzureichen. Ein Arbeitnehmer kann sich mit der Steuererklärung 2016 also bis zum 31.12.2020 Zeit lassen.
Eine Steuererstattung verzinst das Finanzamt mit 0,5 % je angefangenen Monat. Im Jahr sind das immerhin 6 % Zinsen. Allerdings gibt es für die ersten 15 Monate keine Zinsen. Für die Steuererklärung 2016 bedeutet das: Erst ab April 2018 beginnt die Verzinsung.
Wieviel Geld sie mit diesem Trick zusätzlich kassieren, verdeutlicht ein Rechenbeispiel unseres Steuerblogs „felix1.de“. Dabei wird unterstellt, dass die Erstattung von Steuern in Höhe von 2000 Euro für das Jahr 2016 erst am 2. März 2021 erfolgt.
01.01.2017 bis zum 31.03.2018: Die ersten 15 Monate erhalten Sie keine Zinsen.
01.04.2018 bis zum 31.12.2018: 0,5 Prozent je Monat, also 90 Euro.
01.01.2019 bis zum 31.12.2020: 0,5 Prozent je Monat, also 240 Euro.
01.04.2021 bis zum 02.03.2021: 0,5 Prozent je Monat, also 30 Euro.
Insgesamt ergibt sich eine stattliche Summe von 360 Euro.
Übrigens: Das Finanzamt kennt keine Zinseszinsen. Man erhält deshalb nur Zinsen auf die Steuererstattung, jedoch nicht auf die Zinsen.
Risiko Steuernachzahlung
Bei einer Steuernachzahlung erhebt das Finanzamt Zinsen. Das sind ebenfalls 0,5 % je angefangenen Monat. Bei der freiwilligen Abgabe der Steuererklärung ist das aber kein Problem. Man kann die Erklärung einfach wieder zurückziehen und zahlt dann auch keine Steuern. Der Pflichtveranlager muss die Steuern und die Zinsen jedoch auf jeden Fall zahlen. Dann sollte er mit der Abgabe nicht allzu lange warten. Neben den Zinsen droht noch ein Verspätungszuschlag. Der Abgabetermin für die Pflichtveranlagung der Einkommensteuererklärung 2016 ist der 31.05.2017.
Aufforderung durch das Finanzamt
Wer aufgefordert wird, die Steuererklärung abzugeben, muss dieser Aufforderung fristgerecht nachkommen. Das kann selbst dann vorkommen, wenn man eigentlich gar keine Steuererklärung einreichen muss. Hat man jedoch im Vorjahr eine Steuererklärung freiwillig abgegeben, wird das Finanzamt wahrscheinlich eine Aufforderung schicken, wieder eine Steuererklärung einzureichen. Es wird dann aber eine Frist zu einem Termin setzen, zu dem man noch keine Zinsen vom Finanzamt erhält.
Das Finanzamt als Geldanlageinstitut zu nutzen wird deshalb nur unter der Voraussetzung gelingen, dass man keine Steuererklärung einreichen muss und auch im Vorjahr keine Erklärung abgegeben hat.
Zinsen vom Finanzamt sind steuerpflichtig
Wer Zinsen vom Finanzamt erhält, muss diese in der nächsten Steuererklärung mit angeben, denn diese Zinsen sind steuerpflichtig. Sehr kurios, denn das Finanzamt behält nämlich nicht wie Banken die Abgeltungsteuer gleich ein. Dazu ist die Anlage KAP auszufüllen. Die Zinsen werden mit 25 % Abgeltungsteuer + 5,5 % Solidaritätszuschlag besteuert.
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