Uwe Fraust |
Die VW-Krise zeigt, dass ein Investment in Einzelaktien brandgefährlich sein kann
woran denken Sie, wenn Sie den Begriff „Sicherer Hafen“ hören? Ihr Blick dürfte womöglich auf Gold fallen. Doch damit sind Sie in Deutschland leider noch in der Minderheit. Millionen Anleger vertrauen auf andere Werte – und wurden in der vergangenen Woche bitter enttäuscht: Einer der Inbegriffe für deutsche Wertarbeit, Beständigkeit und Zuverlässigkeit ist der Volkswagen-Konzern. Doch die Marke mit Weltruhm ist innerhalb nur eines Tages zu einem Symbol für Betrug verkommen: Der Skandal um manipulierte Abgas-Messungen hat Aktien-Anleger genau dort getroffen, wo es am Meisten wehtut – in der vermeintlichen Komfortzone traditionsreicher Wertpapiere.
Gold
Die vergangenen Tage haben gezeigt, dass es an den Aktienmärkten keinerlei Sicherheit mehr gibt und Renditestreben einen hohen Preis kosten kann. Im Fall von VW ist es inzwischen mehr als die Hälfte des Höchstkurses von etwa 250 Euro, die Spekulanten einbüßen mussten – und das innerhalb eines halben Jahres. Ein entsprechender Wertverlust hätte bei Gold zweifelsohne zu einem Abgesang der Marktbeobachter geführt, bei VW blasen die vermeintlichen Experten jedoch schon wieder zum Einstieg. Von „historischen Kaufkursen“ ist die Rede, von einer einmaligen Chance. Doch wer jetzt VW-Aktien kauft, dürfte schon bald wieder draufzahlen – die Auswirkungen des Abgas-Skandals sind nicht absehbar, täglich gibt es neue höhere Schätzungen zu den möglichen Strafzahlungen. Und wie viele Autos tatsächlich betroffen sind, ist bis heute nicht sicher. Unabhängig davon sind die Lager voll und der Absatz – unter der anhaltenden Prämisse des stetigen Wachstumszwanges – ist ins stottern geraten.
Wer jetzt clever agieren will, sollte sich an einige wenige Regeln halten. Denn die VW-Krise zeigt, dass ein Investment in Einzelaktien brandgefährlich sein kann, um sein Vermögen zu konservieren oder zu mehren. Sobald hausgemachte Skandale oder andere Ereignisse von außen auf ein börsennotiertes Unternehmen hereinbrechen, ist ein Absturz vorprogrammiert – und wer mit Zertifikaten spekuliert, verliert ein Vielfaches der Verluste, die Aktienbesitzer verkraften müssen. Selbst die Größten der jeweiligen Branche sind vor Crashs nicht mehr gefeit. Insbesondere bei deutschen Einzelwerten ist Vorsicht angesagt. Viel lieber sollten Anleger ihr Vermögen breit streuen; wenn es denn Wertpapiere sein sollen, empfiehlt sich die weltweite Aufteilung in verschiedene Branchen, anstatt sich auf Einzeltitel zu konzentrieren.
Zu einer bedachten Risikoverteilung gehört heutzutage zweifelsohne Gold. Frei nach dem Motto „wer streut, rutscht nicht“ gelten 10 bis 20 Prozent des Vermögens üblicherweise als gesunde Edelmetall-Quote. Ein Schwerpunkt sollte dabei auf Gold liegen, weil das gelbe Metall nicht so stark an der konjunkturellen Entwicklung hängt wie Silber, welches ebenso in der Industrie Verwendung findet. Hier hat sich die 80/20-Regel etabliert: 80 Prozent des Edelmetall-Kontingents sollten in Gold angelegt werden, 20 Prozent in Silber. Spekulativ orientierte Anleger mischen auch eine kleine Menge Platin und Palladium bei, allerdings hat sich diese Strategie in den vergangenen Jahren als wenig gewinnversprechend herausgestellt – die Volatilität der Weißmetalle ist für die meisten Privatanleger zu hoch, weshalb „Otto-Normalverbraucher“ goldlastig ihr aufgebautes Vermögen konservieren.
Zinsen
Die Prognosen für das gelbe Metall sehen im Herbst 2015 besser aus, als die kurze Schwächephase der letzten Tage erahnen lässt: Das gelbe Metall hat seine mehrjährige Bodenbildung so gut wie abgeschlossen, Marktbeobachter gehen von der letzten Phase der Konsolidierung aus. Hier kann es zwar noch zu kleinen Kursausschlägen kommen, doch der nächste Goldzyklus steht nach Einschätzung der meisten Edelmetall-Experten kurz bevor. Die Gründe für Gold liegen auf der Hand: Selbst Aktien sind in den vergangenen Monaten für die meisten Anleger unberechenbar geworden, eine kleine Blase an den Anleihemärkten ist bereits geplatzt und auch auf dem Immobilienmarkt werden Verwerfungen befürchtet.
Für Sparer gibt es in Zeiten der Nullzinspolitik de facto keine Alternativen mehr – und weil Gold in den vergangenen Jahren den Konsolidierungs-Prozess bereits durchlaufen hat, vor dem die Meisten an der Börse gehandelten Titel noch stehen, dürfte sich der Fokus der renditeorientierten Anleger in den kommenden Monaten verschieben. Der Deutsche Aktienindex ist aktuell zum Prügelknaben der Finanzwelt geworden; vom großen Renditebringer des Jahres ist er inzwischen in die Verlustzone gerutscht. Gold präsentiert sich dagegen stabil, denn während eine Firma wie VW im schlimmsten Falle sogar pleitegehen kann, wird ein Goldbarren nie in Konkurs gehen können und in Wertlosigkeit verfallen.