Chin Meyer sagte mir in einem Interview mal: Rating-Agenturen machen doch ihrem Namen alle Ehre. Sie raten. Und dass Moody’s launisch ist, verrät auch der Name bereits. Man will Warren Buffet, dem Moody’s gehört, zwar nicht unterstellen, dass er günstig an europäische Aktien kommen will. Trotzdem werden viele das Gefühl nicht los, die Agenturen fungieren oft als Werkzeug für Finanzakteure.
Max Otte sagte mir im Interview (kommende Augustausgabe Sachwert Magazin), dass die klassischen ökonomischen Rechenmodelle nicht funktionieren. Das liegt nicht zuletzt daran, das es in den Modellen keine Banken gibt. Ein anderes Problem ist, dass sich heute drohende Inflation nicht mehr korrekt bestimmen lässt. Ein Artikel im Sachwert Magazin (Nr.5) von Rüdiger Rauls machte deutlich, dass die Erhöhung der Geldmenge heute nicht mehr in direkten Zusammenhang mit der Geldentwertung gebracht werden kann. Engstirnig wird heute Preissteigerung am Öl-abhängigen Markt festgemacht. Der Preis jedoch steht nicht direkt mit Geldmenge in Verbindung. Eher könnte man noch behaupten, der Ölpreis muss immer dann steigen, wenn der Dollar fällt – den der Greenback ist die Ölwährung. Aber auch das konnte sich nicht immer bestätigen.
Somit dürfte man davon ausgehen, dass die Ratingagenturen vornehmlich entweder Modelle anwenden, die nur einen sturen Bereich einer Volkswirtschaft beleuchten und dabei das Drumherum ausblenden. Oder die Agentur-Vorstände gehen vor wie bei der Bewertung von Lehman Brothers und geben ihren Analysten das Ergebnis bereits vorher in die Hand. Das dieses Verfahren tatsächlich gängige Praxis war, ist heute keine Theorie mehr, sondern wurde bereits 2010 von Michael Lewis veröffentlicht.
Julien D. Backhaus, Chefredakteur Sachwert Magazin