Die Inflationsangst ist präsent wie lange nicht mehr und zählt zu den Faktoren, welche die Risikobereitschaft unter den Anlegern verringern und sie vermehrt in beständige Anlagen investieren lassen. Rudolf Döring gibt als Chef der SWM AG, eines im liechtensteinischen Vaduz ansässigen Edelmetallhauses, eine Einschätzung über die mögliche inflationäre Entwicklung in den kommenden zehn Jahren ab und stellt sich der Frage: »Stehen wir am Beginn einer inflationären Dekade oder handelt es sich bei dem derzeitigen Preisauftrieb nur um ein vorübergehendes Phänomen?«
Währungen stützen sich auf drei wichtige Säulen: Stabilität, Glaubwürdigkeit und Vertrauen, so der Investment-Experte. Das Vertrauen in die zukünftige Kaufkraft des Geldes werde jedoch mit zunehmender Teuerungsrate immer weiter entwertet. »Letztlich steht und fällt das Vertrauen der Bevölkerung in Währungen auch damit, dass die Notenbanken das Geldschöpfungsprivileg nicht missbrauchen, also nicht einfach mehr Geld drucken, um damit beispielsweise die Staatshaushalte zu finanzieren«, sagt der SWM-Chef.
Mittlerweile haben die Schulden – nicht nur im Euroraum, sondern weltweit – ein Rekordniveau erreicht. Nach Zahlen des »Institute of International Finance« belief sich die globale Gesamtverschuldung Mitte 2020 auf 296 Billionen US-Dollar, was gut 350 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung entspricht. Überkapazitäten, Fehlinvestitionen und der wachsende Anteil neuer Schulden, die laut den Branchenkennern der SWM AG nur dazu dienen, die Zinsen auf Altschulden zu bedienen – darunter leide die Realwirtschaft zunehmend. Bewirkten neue Schulden in den 1960er-Jahren in der Höhe von einem US-Dollar noch rund 80 US-Cent mehr Bruttoinlandsprodukt, so sank dieser Wert im Jahr 2000 auf rund 10 US-Cent. Heute ist die Wirkung neuer Schulden auf das Bruttoinlandsprodukt nahezu bei null angekommen. Dies gelte laut dem Investment-Experten weltweit. Denn auch in China habe der realwirtschaftliche Effekt neuer Schulden kaum mehr dramatische Auswirkungen.
In diesem ungedeckten Schuldgeldsystem muss die Geldmenge zwangsläufig ständig wachsen. Denn der Zins wird nicht durch Angebot und Nachfrage gebildet, sondern von den Notenbanken festgesetzt. Der Leitzins ist insofern der Preis der Schulden. Wenn er steigt, erhöht sich auch die Schuldenlast der Staaten. »Damit die Schulden für die Schuldner tragfähig bleiben, haben sie unnatürlich niedrige Zinssätze realisiert«, erläutert Döring. »Diese künstlich niedrigen Zinssätze zeigen mehr als deutlich: Das System ist überschuldet.« Dies sei letztlich auch eine Auswirkung der Entkoppelung des US-Dollars vom Gold vor genau 50 Jahren.
Bei einer exzessiven systemweiten Verschuldung in Höhe von über 300 Prozent der Wirtschaftsleistung sei eine nominelle Entschuldung laut Einschätzung des Investment-Experten unmöglich. Denn der Versuch, die Geldmenge zu reduzieren, würde zu einem Kollaps des ganzen Systems führen. Man versuche eine Entschuldung durch Inflation und finanzielle Repression zu erreichen. Darunter versteht man die künstliche Deckelung der Renditen von Staatsanleihen, signifikant unter der Inflationsrate. Dies führe letztlich auch zu der skurrilen und widersinnigen Situation, dass Deutschland zum Beispiel für die Kredite, statt Zinsen zu zahlen, welche bekomme.
Derzeit wird diskutiert, ob die Inflation mit deutlich über 5 Prozent nur eine vorübergehende Erscheinung ist und sich nächstes Jahr von alleine nivellieren wird, oder ob wir auf Dauer damit leben müssen. Vieles spricht für Letzteres. Dieser Ansicht ist auch der SWM-Chef. Nach der Finanzkrise und im Zuge der Coronapandemie haben sich die Staaten weltweit mit gigantischen Summen verschuldet. Die Staatsschulden werden in absehbarer Zeit nicht geringer werden, sondern weiterwachsen, sind sich die Experten der SWM AG sicher. Insbesondere für den Bereich Klima- und Umweltschutz wird dringend Geld benötigt. Der Kampf gegen die Erderwärmung ist mit großen Investitionen verbunden, die sich auch direkt auf die Inflationsrate auswirken. So steigen die Nahrungsmittelpreise und wegen der CO2-Bepreisung erhöhen sich die Energiekosten und Investitionen in nachhaltige Unternehmen (ESG), was die Preise gleichfalls nach oben treibt.
Das Vertrauen der Menschen in die zukünftige Kaufkraft des Geldes lässt nach. Die Experten des Edelmetallhauses sehen in physischen Geldanlagen wie Gold und anderen Edelmetallen einen wichtigen Vermögensschutz, der daher in keinem Portfolio fehlen sollte. »Investitionen in physisches Gold sind in einem inflationären Umfeld zwingend angeraten«, bestätigt Rudolf Döring. Dabei können sowohl Groß- als auch Kleinanleger von den Möglichkeiten profitieren, die Edelmetallhäuser bieten. Neben steuerlichen Vorteilen spielt für die meisten Anleger der Sicherheitsaspekt eine tragende Rolle. Die SWM AG beispielsweise lagert ihre versicherten Edelmetallbestände in dem Hochsicherheitstrakt eines Zollfreilagers bei Zürich. Hinzu kommen die Bewachung der Bestände durch eine Sicherheitsfirma und die regelmäßigen Kontrollen durch einen bestellten Wirtschaftsprüfer. Gepaart mit der Wertstabilität des Edelmetalls träfe man hier also auf eine doppelte Sicherheit, die vielen Anlegern in ungewissen Zeiten wie diesen wohl ganz gelegen kommen sollte. Während die Federal Reserve (FED) jüngst nicht mehr nur von einer vorübergehenden Situation ausgeht, hält die Europäische Zentralbank (EZB) noch an ihrer Meinung, die Verhältnisse normalisierten sich rasch in 2022 wieder, fest.