Nobeluhren gehören zu den Sweetheart-Investments. Das heißt, wer in diese Sachwerte investiert, sollte ein hohes Maß an Affinität mitbringen. Einige der Luxusticker erzielen jedoch ansehnliche Preissteigerungen. Was eine Uhr zum „Blue chip“ macht, verrät der Finanzjournalist und Uhrenliebhaber Michael Brückner im folgenden Beitrag. Wann eignet sich eine Uhr als Kapitalanlage? Günter Eichberger hat eine einfache Formel zur Beantwortung dieser schwierigen Frage entwickelt: „Nobler Markenname plus ungewöhnliche Technik ergibt ein begehrtes Sammlerstück. Wenn die Uhr dann noch selten ist, bestehen mittel- bis längerfristig gute Aussichten auf eine Wertsteigerung“, sagt der Uhren- und Juwelenexperte des Wiener Auktionshauses Dorotheum.
Das lässt sich mit zahlreichen beeindruckenden Beispielen belegen, bei denen sich Aktien- und Bonds-Investoren höchst verwundert die Augen reiben dürften: Zwischen 1961 und 2007 hat der Wert eines Chronographen von Patek Philippe (Referenz 1463) etwa um das 400-fache zugelegt. Zugegeben, der stolze Eigentümer einer solchen Armbanduhr musste fast 50 Jahre auf diese Wertsteigerung warten. Doch mitunter geht es wesentlich schneller: Die zum Jubiläum eines großen deutschen Juweliers auf den Markt gekommene Platin-Armbanduhr mit Jahreskalender von Patek verdoppelte ihren Wert in nur drei Jahren.
Die Platin-Uhr mit Ewigem Kalender und Minutenrepetition – ebenfalls von Patek Philippe – kostete in den 1980er Jahren rund 185.000 Schweizer Franken, das sind etwa 146.000 Euro. Schon 15 Jahre später wurde sie vom Genfer Auktionshaus Antiquorum für umgerechnet 1,3 Millionen Euro versteigert. Das entspricht einer jährlichen Rendite von durchschnittlich 17 Prozent.
Fast schon legendär ist die Erfolgsgeschichte der Rolex Daytona mit dem Paul-Newman-Zifferblatt. Vor vielen Jahren wollten nur wenige Uhrenfreunde diesen Stahl-Chronographen kaufen, der dem bekannten US-Schauspieler gewidmet war. Für weniger als 1.000 D-Mark konnte man den verschmähte Zeitmesser seinerzeit erstehen. Heute sind die Paul-Newman-Daytonas weltweit gesuchte Sammlerstücke, für die auf Auktionen 50.000 Euro und mehr gezahlt werden.
Für das Rolex Sondermodell „Comex Sea Dweller“ zahlen solvente Sammler teilweise sechsstellige Summen. Gleiches gilt für die A. Lange & Söhne Tourbillon „Pour le Mérite“. Vergleichsweise preiswerte Uhren wie die „Monaco Steve McQueen“ von TAG Heuer haben ihren Wert in wenigen Jahren ebenfalls fast vervierfacht. Und sogar einige limitierte Sammlermodelle der preisgünstigen Marke Nomos aus Glashütte verzeichneten Wertzuwächse, wenngleich diese naturgemäß moderat ausfielen.
Lange Zeit galten Armbanduhren der großen Marken aus der Schweiz und dem sächsischen Glashütte als Männerspielzeug. Mittlerweile jedoch werden sie auch als Kapitalanlage geschätzt. Freilich gilt es, realistisch zu bleiben, denn rund 80 Prozent aller teuren Armbanduhren bergen kein Wertsteigerungspotenzial. Aber da bleibt eben der Rest von 20 Prozent – und der hat es in sich. Beispiele für atemberaubende Wertsteigerungen bei Armbanduhren gibt es zuhauf.
Klingt gut, doch sollte sich der Uhrenliebhaber und Anleger einer Tatsache stets bewusst sein: Der Uhrenmarkt ist unberechenbar und unterliegt – wie die Kunst – schwer vorhersagbaren modischen Zyklen. Das Beispiel der Rolex Daytona zeigt, dass es vom Ladenhüter bis zum Superstar oft nur eine Frage der Zeit und der sich wandelnden Vorlieben der Sammler ist.
Die „Blue chips“ unter den Nobeluhren
Trotz aller Unwägbarkeiten gibt es – ähnlich wie bei Aktien – durchaus „Fundamentaldaten“, die über die Werthaltigkeit oder sogar über das Wertsteigerungspotenzial einer Nobeluhr entscheiden. An erster Stelle steht die Magie der Marke. Am wertstabilsten sind in der Regel Uhren der Marken Rolex und Patek Philippe. Die Produkte dieser beiden Manufakturen könnten unterschiedlicher kaum sein: Hier die hochfeinen Patek-Ticker mit einer Vielzahl von Komplikationen, die nur in geringen Stückzahlen auf den Markt kommen. Dort die robusten Rolex-Uhren, die in großen Mengen produziert werden, deren Markenname aber weltweit synonym für teure Zeitmesser steht. Günter Eichberger vom Auktionshaus Dorotheum zählt ferner Lange & Söhne, Breguet, IWC und Jaeger LeCoultre zu den allerersten Adressen.
Potenzial wird zudem der in ihrem Ursprung italienischen Kultmarke Panerai zugebilligt, die weltweit über ungemein aktive Fanclubs verfügt. Einige ältere Modelle weisen bereits signifikante Preissteigerungen auf. Die feinen Uhren aus der Manufaktur Vacheron Constantin lassen zwar Uhrensammler anerkennend mit der Zunge schnalzen, doch blieb die Wertsteigerung bei dieser Marke meist hinter der vergleichbarer Modelle von Patek zurück. Genau dies könnte Vacheron Constantin als „Underperformer“ langfristig interessant machen, ebenso wie Uhren aus der konzernunabhängigen Manufaktur Audemars Piguet.
Einen weiteren wichtigen Werttreiber stellen eigene Uhrwerke dar, die in die Gehäuse eingeschalt werden. Uhren mit Werken von der Stange sind als Kapitalanlage wenig geeignet. Schließlich sollte der Anleger auf die uhrmacherischen Raffinessen des Zeitmessers achten. Bei diesen Komplikationen, wie sie im Fachjargon genannt werden, handelt es sich um Zusatzfunktionen, über deren praktischen Wert sich zwar trefflich streiten lässt, die aber aus Uhrwerken kleine mechanische Meisterwerke machen. Die begehrteste Komplikation ist nach wie vor der Chronograph, also die Stoppuhrfunktion, erkennbar an den beiden Drückern am Uhrengehäuse – über und unter der Krone.
Noch größere Herausforderungen an die uhrmacherischen Talente stellt der Schleppzeiger- oder Doppelzeiger-Chronograph, häufig „Rattrapante“ genannt. Bei solchen Uhren starten auf Knopfdruck zwei Chronographen-Anzeiger, von denen einer gestoppt werden kann, während der andere weiterläuft. Damit lassen sich Zwischenzeiten ablesen.
Es liegt auf der Hand: Je schwieriger die Komplikation, desto wertvoller die Uhr. „Ewige Kalender“, Armbanduhren mit Mondphase und Schlagwerk (Repetitionsuhren) und natürlich Uhren mit dem filigranen Tourbillon erreichen schnell Preise im fünf- und sechsstelligen Bereich. Und das, obgleich zum Beispiel das Tourbillon kaum eine praktische Bedeutung hat. Der kleine Käfig im Werk wurde eigentlich zur Erhöhung der Ganggenauigkeit von Taschenuhren entwickelt. In Armbanduhren bleibt er immerhin ein Augenschmaus.
Worauf bei Vintage-Uhren zu achten ist
Bei älteren Zeitmessern, den sogenannten Vintage-Uhren, entscheiden zusätzlich der Erhaltungszustand und im Idealfall eine lückenlose Dokumentation der regelmäßigen Wartungen über den Preis. Wer auf eine optimale Wertsteigerung seines Zeitmessers spekuliert, muss schließlich ebenso standfest bleiben wie ein Weinsammler, der sich nicht am Inhalt seiner Flaschen delektieren darf. Für eine bestmögliche Wertentwicklung sollte eine Uhr nie getragen werden. Schon kleinere Tragespuren können nämlich den Wert um bis zu 40 Prozent drücken
Fazit: Luxus-Armbanduhren von großen Marken mit „inneren Werten“ – also aufwändigen Werken – haben gute Chancen, langfristig an Wert zuzulegen. Dafür muss der Investor aber auf laufende Zinseinnahmen verzichten. Außerdem entstehen Folgekosten für Wartung, Reparaturen und die sichere Aufbewahrung der guten Stücke. Wer in Uhren investiert, sollte daher auch Interesse und Begeisterung für hochwertige Zeitmesser mitbringen.
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