Inflation, Ukraine-Krieg, Rohstoffknappheit – die Finanzmärkte stehen vor großen Herausforderungen. Die gute Nachricht: Gerade in schwierigen Phasen werden oftmals die Champions von morgen geboren. Um auf eben jener Gewinnerseite zu stehen, betrachten wir die Strategien und Prognosen von vier legendären Investoren, die ihren richtigen Riecher bereits mehrfach bewiesen haben: Warren Buffett, Cathie Wood, Peter Thiel und Jim Rogers.
Warren Buffett
So vorhersehbar wie das TV-Programm an Silvester agiert Warren Buffett auch in den aktuell stürmischen Zeiten. »Same procedure as every crisis« würde er den Weltmärkten als Miss Sophie zurufen. Denn seit Jahrzehnten hält sich der CEO von Berkshire Hathaway konsequent an die Grundregeln von »Value Investing« und »Buy And Hold«. Auf gut Deutsch zusammengefasst: Er hält seine Anlagen über längere Zeit und investiert in stark aufgestellte Unternehmen, die temporär unterbewertet sind. Oder in seinen eigenen Worten: »Kaufe einen Dollar, aber bezahle dafür nicht mehr als 50 Cent.« Wer dumm genug ist, sich auf solch unvorteilhafte Deals einzulassen? Menschen, die sich von Angst leiten lassen und gerade in Krisen panisch verkaufen.
Bezogen auf den Ukraine-Krieg bedeutet das: Selbst, wenn der Konflikt in einen Dritten Weltkrieg eskalierte, würde Warren Buffett nicht aus dem Aktienmarkt aussteigen. Das versicherte er gegenüber »CNBC« schon im März 2014, als Russland die Krim annektierte. Generell rät er Anlegern dringend davon ab, in Kriegszeiten Kapital aus Aktien herauszuziehen und stattdessen auf Bitcoin, Bargeld oder Gold zu setzen. Für Langzeitinvestoren sieht er den Krieg als Chance, günstig einzusteigen und empfiehlt speziell produktive Unternehmen. Besonders glaubt Buffett an die Resilienz der US-amerikanischen Wirtschaft.
Diese Überzeugungen spiegeln sich in Berkshire Hathaways aktuellem Portfolio. Darin befinden sich große, amerikanische Dauer-Anlagen wie Apple, Bank of America und American Express. Doch es gibt auch Titel, die 2022 neu in die Auswahl aufgenommen wurden. Dazu gehört die Louisiana-Pacific Corporation, ein amerikanischer Hersteller von Baumaterialien, der im S&P 500 Aktienindex gelistet ist. Im dritten Quartal hat Berkshire Hathaway 5,8 Millionen Anteile im Wert von über 296,7 Millionen Dollar erworben. Ebenfalls im dritten Quartal hat Warren Buffetts Unternehmen in die Taiwan Semiconductor Manufacturing Company investiert – und zwar 4,1 Milliarden Dollar. Hierbei handelt es sich um einen der größten Halbleiterhersteller der Welt.
Cathie Wood
»Viele Leute sagen, dass Daten das neue Gold sind, wenn sie über die Cloud und andere Bewegungen in der Technologie sprechen«, so Cathie Wood, CEO der Investmentgesellschaft Ark Invest, in der CNBC-Sendung »Squawk Box«. Dann ergänzt sie: »Ich denke, dass das jetzt mit Künstlicher Intelligenz noch mehr zutrifft.« Sie erwartet, dass es in der Welt der Künstlichen Intelligenz (KI) zu einer starken Kommerzialisierung kommen wird. Kein Wunder also, dass eine der größten Positionen in Arks »Innovation ETF« ein führendes Unternehmen aus eben jenem KI-Bereich ist. Es handelt sich um »Exact Sciences«.
Dieses habe einen enormen Vorteil, »wenn es um Daten über Krebs geht, dank der molekulardiagnostischen Tests und dank der weltweiten Verbreitung«, analysiert Wood laut »Wallstreet Online«. Die Star-Investorin glaubt, dass die Aktie von Exact Sciences bis 2027 auf einen Wert von 140 US-Dollar klettern könnte. Im Vergleich zu Anfang Februar 2023 wäre das eine Verdopplung! Woods Investment-Vorliebe umfasst allerdings nicht nur KI, sondern disruptive Technologien im Allgemeinen. 14 davon hat die von ihr gegründete Ark Invest in ihrem neuen »Big Ideas«-Bericht 2023 vorgestellt. Sie bieten laut Ark-Analysten das größte Wachstumspotenzial. Die Experten halten sogar eine Marktwertsteigerung um 40 Prozent jährlich bis 2030 für möglich. Dann könnten diese Mega-Ideen zusammengenommen ein Volumen von bis zu 200 Billionen Dollar erreichen.
Der Grund für solch unfassbare Zahlen: Nach Einschätzung des Reports werden die ausgewählten Technologien »steile Kostenrückgänge mit sich bringen, mehrere Sektoren betreffen und als Startrampen für mehr Innovation dienen«. Ark teilt die Top-Technologien in folgende fünf Themenbereiche ein: öffentliche Blockchains, Künstliche Intelligenz, Robotik, Energiespeicherung und Multi-Omic-Sequenzierung digitalisierter biologischer Daten.
Peter Thiel
Rund 116 Milliarden Dollar – so viel haben nach Berechnungen des Magazins »Forbes« die 17 reichsten Krypto-Investoren der Welt seit März 2022 verloren. Nicht zu dieser Gruppe gehört Investor Peter Thiel. Denn direkt vor dem Crypto-Crash ist er über die von ihm mitgegründete Risikokapitalgesellschaft »Founders Fund« aus Bitcoin & Co. fast komplett ausgestiegen. Dieser radikale Schritt brachte der »Financial Times« zufolge eine Rendite von circa 1,8 Milliarden Dollar. Entscheidend für den finanziellen Erfolg war jedoch nicht nur der gut getimte Ausstieg, sondern auch der rechtzeitige Einstieg Anfang 2014. Damals lag der Bitcoin noch bei unter 1.000 Dollar. Zur Zeit des Verkaufs Ende März stand die älteste Kryptowährung der Welt bei rund 44.000 Dollar.
»Early Stage«-Investments ziehen sich durch Thiels Karriere wie ein roter Faden. So wurde er der erste Risikokapitalgeber von Facebook und zählte 1998 zu den Mitgründern von PayPal. Heute steckt über das Portfolio von Founders Fund sein Kapital unter anderem in SpaceX, in der Fahrdienst-App »Lyft« oder im deutschen Online-Broker »Trade Republic«. Der nächste Move? Wie das »Manager Magazin« berichtet, soll sich Thiels Fonds aktuell in Verhandlungen über eine Kapitalbeteiligung an »OpenAI« befinden. Der Entwickler des berühmten Chatbots »ChatGPT« wird inzwischen auf einen Marktwert von 29 Milliarden Dollar geschätzt. Generell tendiert Thiel dazu, früh in Unternehmen zu investieren, die großes Wachstumspotenzial aufweisen, weil sie mit innovativer Technologie einen neuen Markt auftun, in dem sie zunächst nahezu konkurrenzlos agieren können.
Jim Rogers
Ganz anderer Natur sind die Investments der amerikanischen Kapitalmarktlegende Jim Rogers. Statt in disruptive Technologien und Start-ups mit glänzenden Entwicklungsmöglichkeiten investiert er aktuell das meiste Geld tatsächlich in eine ganz gewöhnliche Währung – nämlich in den US-Dollar. Das verrät er im November im Interview mit dem österreichischen Magazin »Profil«. Clevere Entscheidung, denn der Dollar hat gegenüber dem Euro in den letzten zwölf Monaten vor dem Profil-Beitrag um zehn Prozent gewonnen.
Bei allen Unterschieden in den Asset-Präferenzen haben all unsere vier Investment- Stars eine Grundregel jedoch gemeinsam: Sie vermeiden den typischen Fehler vieler Amateur-Anleger, die aus Gier bei steigenden Kursen kaufen und aus Angst bei fallenden Preisen verkaufen. Zum Beispiel würde Rogers aktuell nicht in Agrarrohstoffe, Öl oder Gas investieren, weil sie schon zu lange gestiegen und daher nun zu teuer seien. Schade, denn sie bieten laut Rogers den besten Schutz gegen die hohe Inflation, da sie selbst zu den Preistreibern gehören.
Eine gute Einstiegsmöglichkeit sieht er bei einem anderen Asset, in dem er selbst schon investiert ist: »Cannabis hat eine große Zukunft« prophezeit er gegenüber »Profil«. Selbst die UN empfehle die Legalisierung. Auch Zucker findet Rogers momentan spannend, weil er 70 bis 80 Prozent von seinem Allzeithoch entfernt sei und sehr wahrscheinlich wieder im Preis steigen werde. Bei Anleihen hingegen sieht er bereits eine Blase. Noch niemals in der Geschichte seien sie so teuer wie jetzt gewesen. Die Zentralbanken seien verrückt gewesen, so massiv Anleihen aufzukaufen.
Das größte Sprengstoffpotenzial für die Kapitalmärkte liegt seiner Ansicht nach jedoch in der hohen weltweiten Staatsverschuldung. Schon die schwere Finanzkrise 2008 sei wegen der hohen Schulden gekommen, die seitdem noch weiter gestiegen seien. »Die Staaten können also nicht mehr gegensteuern« analysiert Rogers gegenüber »Profil«. Deshalb werde der nächste Bärenmarkt der Schlimmste sein, den er je gesehen habe. Zugegeben, das klingt ziemlich düster, aber erinnern wir uns: Fallende Kurse bedeuten Rabatt, Krisen sind die Kreißsäle der Gewinner von morgen und Probleme sind nur dornige Chancen.
SH
Aus: Sachwert Magazin 02/2023