Auch wenn die Zeiten immer schwieriger werden, kann man an der Börse erfolgreich sein. Mit der richtigen Strategie beim Investieren und Traden können sich Anleger durch Hochs und auch durchs Tiefs lavieren. Börsenexperte Mario Lüddemann erklärt in unserem Interview, wie jeder es schaffen kann, Vermögen aufzubauen und für das Alter abzusichern.
Eignen sich Trading und Investment für Jeden?
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass jeder Trading- und Investmentstrategien lernen kann. Der große Unterschied ist, dass man für gute Investmentstrategien, die jährlich 10 Prozent plus x bringen, einen Zeitaufwand von circa drei bis fünf Stunden im Jahr kalkulieren muss. Dies ist ein gutes Verhältnis zwischen der Zeit, die ich investiere und der Performance, die ich raushole. Denn am Ende werden wir uns anschauen, dass die 10 Prozent plus x-Performance im Jahr deutlich höher ist als das, was 80 Prozent aller Fondsgesellschaften an Performance erreichen. Trading kostet mehr Zeit, man muss drei bis fünf Stunden in der Woche kalkulieren, um das Ganze entsprechend zu lernen und umzusetzen. Dafür wird man allerdings mit einer deutlich höheren Performance belohnt.
Welche Rolle spielen Charakter und Grundkapital dabei?
Je größer das Kapital, desto eher sind Menschen geneigt, zu investieren. Denn sie müssen sehr wenig Zeit aufwenden, um eine zweistellige Rendite zu erzielen und finanziell unabhängig zu sein. Bei Anlegern mit weniger Grundkapital ist es häufiger so, dass sie erst einmal ein Vermögen aufbauen wollen oder müssen, und da bietet sich das Trading an. Hier hat man die Möglichkeit, eine hohe Performance zu erzielen und investiert dafür im Gegenzug mehr Zeit. Wenn man aber als Trader 30 bis 40 Prozent und mehr Performance pro Jahr macht, kommt man nach einigen Jahren auf einen sehr hohen Gewinn. Ein Beispiel: Ich habe 1996 angefangen, mit 5.000 DM zu handeln, und habe mich 1998 entschieden, hauptberuflicher Trader zu werden. Am Ende des Jahres 2000 hatte ich meine erste Million mit Trading an der Börse verdient. Der zeitliche Aufwand ist um ein Vielfaches höher, aber man wird belohnt.
Emotionen im Handel, unabhängig davon, ob man ein Trader oder Investor ist, sind ein wichtiger Faktor und werden häufig unterschätzt. Emotionen wie Angst und Gier sind dominierend und entscheiden über den Erfolg. Investmentstrategien eignen sich für Anleger, die nicht jeden Tag nachschauen und den Prozess einfach laufen lassen können. Im Trading sieht es anders aus. Hier muss ich mich jeden Tag mit der Materie beschäftigen und ich sollte auf jeden Fall emotional gefestigt sein. Denn zum Trading gehört es dazu, dass man nicht nur Gewinn-Trades macht. Selbst bei einer Gewinnwahrscheinlichkeit von 60 bis 70 Prozent, die gute Trader haben, hat man immerhin durchschnittlich noch die 40 Prozent der Trades, die nicht funktionieren. Das kann für viele Trader eine Belastung darstellen. Deswegen ist es sehr wichtig, dass man das Kapital, das man zum Traden nutzt, übrighat, dann ist die emotionale Belastung deutlich geringer. Am Ende des Tages geht es darum, immer wieder sein Ziel vor Augen zu haben. Warum möchte ich dieses Ziel erreichen? Mit der Antwort darauf ist es für uns und unser Gehirn sehr einfach, alles dafür zu tun, um dieses Ziel auch zu erreichen.
Was ist die Börsenstrategie eines Millionärs?
Millionäre können ihr Ziel klar definieren und beschreiben, sie haben einen Masterplan und sie kennen keine Probleme, sondern nur Situationen, die gemeistert werden können. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass Millionäre langfristig denken. Sie investieren in Sachwerte wie Immobilien, Aktien oder Rohstoffe wie zum Beispiel Gold. Sie kaufen nur, wenn andere Marktteilnehmer aus Angst verkaufen. Sie kaufen günstig und verkaufen teuer. Und: Millionäre wissen, dass die Börse langfristig immer steigt. Sie nutzen hochprofitable Investmentstrategien und sind diszipliniert in dem, was sie tun.
Welche Trends erkennen Sie aktuell an der Börse? Und sollte man diesen stets folgen oder kann es sich auch lohnen, diese auszusitzen und sein eigenes Ding zu machen?
Hier muss man grundsätzlich unterscheiden, ob man Investor oder Trader ist. Als Investor ist es immer wichtig, sein eigenes Ding zu machen. Man schaut sich die Märkte an und überlegt im Vorhinein, was man wann macht. Die Krise in der Ukraine, die Inflation und steigende Zinsen schaffen ein Marktumfeld, in dem sich viele nicht wohlfühlen. Gute Investoren nutzen das für den Kauf von Aktien, da deren Wert in dieser Phase abnimmt. Hochinteressante Technologiewerte, beispielsweise Aktien von Apple, Amazon oder Google, sind sehr unter die Räder gekommen. Ein kluger Investor nutzt diese Chance und kauft sich in diese Unternehmen langfristig ein, um in Zukunft viele Prozente Performance machen zu können. Trader hingegen sollten die aktuellen Situationen immer nutzen, um für diese Marktsituation entsprechend handeln zu können. In fallenden Märkten sollten Trader unbedingt auch auf fallende Märkte setzen. Denn man kann als Trader sowohl von steigenden als auch von fallenden Märkten profitieren. So ist es für mich Jahr für Jahr, Monat für Monat und Woche für Woche möglich, positive Erträge zu erzielen. Mein Ziel als Trader ist es immer wieder, einen Prozent Performance pro Woche zu erzielen.
Von welchem Investment würden Sie derzeit spontan abraten?
Eine sehr gute Frage, über die ich nicht lange nachdenken muss: Es sind auf jeden Fall Kryptowährungen. Kryptos sind bei privaten Anlegern gerade in den vergangenen Monaten und Jahren sehr beliebt geworden. Doch sie sind hochspekulativ und keine wirkliche Alternative zu Währungen wie dem Euro oder dem US-Dollar. Sie sind keine Wertspeicher, sondern ein spekulatives Objekt. Das heißt nicht, dass sich Kryptowährungen langfristig nicht durchsetzen, doch ihr Wert schwankt enorm. Wir haben in den vergangenen Wochen und Monaten gesehen, dass hier Schwankungsbreiten von 50 bis 60 Prozent möglich sind – sowohl in die eine als auch in die andere Richtung. Jeder müsste nachvollziehen können, dass dies kein Vergleich zu einer Währung oder einem Wertspeicher ist. Denn wenn ich mein Geld anlege und innerhalb weniger Wochen 50 bis 60 Prozent an Wert verliere, kann dies langfristig für mich kein Investment sein.
Viele wünschen sich schnelle zweitstellige Renditen. Ist das realistisch, wenn man aufgrund der Inflation beispielsweise auf dem Tagesgeldkonto sogar Minus macht?
Zweistellige Renditen sind immer und zu jeder Zeit möglich. Das Problem ist nur, dass uns gesagt wird, dass das nicht möglich ist. Doch die großen Investoren erzielen Jahr für Jahr hohe zweistellige Renditen. Girokonten, Tagesgeldkonten oder Versicherungsprodukte wie Lebens- oder Rentenversicherungen haben eins gemeinsam: Sie vernichten langfristig unser Kapital. Denn auf Tagesgeldkonten oder auch auf Girokonten bekommen wir maximal einen Prozent Zinsen. Auch für Lebens- oder Rentenversicherungen erzielen wir maximal zwei bis drei Prozent, für Neuverträge sogar garantiert nur noch 0,25 Prozent. So werden wir niemals zweistellige Renditen erzielen und finanziell frei sein können. 80 Prozent des Geldes ist aber in diesen beiden Anlageklassen angelegt. Das heißt, wir müssen andere Wege gehen. Wir müssen die Wege gehen, die große Investoren gehen, die Jahr für Jahr zweistellige Renditen erzielen. Sie investieren in Sachwerte und hier sind vor allem Aktien hervorzuheben. Diese erzielen kontinuierlich über Jahrzehnte hinweg hohe Renditen. Nehmen wir die Beispiele Amazon, Apple und Google: Hier sind die durchschnittlichen Renditen pro Jahr zehn, 20, 30 Prozent und höher. Viele Privatanleger scheuen die Schwankungen, die es am Aktienmarkt gibt. Doch wer sich langfristig einen Index anschaut, wie beispielsweise den Dow Jones, sieht ganz klar, dass es seit 1896 nur eine Richtung für Aktienmärkte gibt und das ist der Weg nach oben. Das heißt, wenn auch wir finanziell frei werden wollen, dann müssen wir endlich anfangen, umzudenken und jetzt investieren, wie die Großen, die Jahr für Jahr hohe zweistellige Renditen erzielen.
MK