Von Dr. Thorsten Polleit |
Der Ausverkauf auf den Rohstoffmärkten hat mittlerweile die Preise
auf ein außergewöhnlich niedriges Niveau gedrückt.
Die internationalen Rohstoffpreise sind weiter gefallen – und haben nun Niveaus erreicht, die zuletzt in der Krisenphase 2009 erreicht wurden. Für diese Entwicklung gibt es vermutlich eine ganze Reihe von Erklärungen. Im Zuge des Rohstoffpreis-Booms mit Beginn des 21. Jahrhunderts wurden – wie sich jetzt zeigt – in vielen Märkten Überkapazitäten aufgebaut. Unternehmen finanzierten dabei ihre Expansion vor allem auch mit Kreditaufnahmen. Angesichts einer nunmehr schwachen Weltkonjunkturlage – insbesondere Chinas Rohstoffnachfrage ist merklich geschwunden – kommt es zu einem gewaltigen Abwärtsdruck auf die Preise.
Rohstoffproduzenten sehen sich gezwungen, ihre Fördermengen auszuweiten: Sie brauchen Einnahmen, um ihren Schuldendienst zu leisten. Das wachsende Angebot trifft auf eine rückläufige Nachfrage, und die Folgen sind fallende Preise. Die Ölproduktion der OPEC ist seit etwa Anfang 2014 wieder merklich angestiegen. Gleichzeitig hat der Ölpreis stark abgenommen. Das steigende Ölangebot relativ zur Ölnachfrage hat zu einem Preisrutsch geführt. Der sinkende Ölpreis veranlasst wiederum eine Reihe von Ölproduzenten, ihre Angebotsmenge weiter zu erhöhen, um auf diese Weise ihre Einnahmen aus dem Ölverkauf aufrecht zu erhalten.
Die Aussicht auf steigende US-Zinsen übt zusätzlich einen großen Einfluss auf die Rohstoffpreise auf. Steigende Zinsen üben einen dämpfenden Effekt auf die Inflationserwartungen und damit auch auf die Rohstoffpreise aus. Und nicht zuletzt dürfte auch der (im Kern regulatorisch verursachte) Rückzug vieler Banken und Finanzinstitute aus dem Handel mit Rohstoffen den Preisrückgang verschärft haben. Die fallenden Rohstoffpreise führen zu einer weltweiten Einkommensumverteilung. Die importierenden Länder werden „reicher“. Ihre Kaufkraft steigt, weil sie weniger für zum Beispiel Energie und Basismetalle zahlen müssen. Die exportierenden Länder werden „ärmer“. Sie verdienen weniger durch den Rohstoffverkauf und müssen ihre Nachfrage nach Auslandsgütern einschränken. Der Netto-Effekt auf die Weltwirtschaft ist dabei unklar.
Der Rohstoffpreis-Bust birgt neben einer Verschlechterung der Wirtschaftslage in vielen Rohstoff exportierenden Ländern auch erhebliche finanzielle und auch politische Risiken für die Weltwirtschaft. Der Rückgang der Exporterträge erschwert beispielsweise den Schuldendienst in Fremdwährung. Die Qualität der ausstehenden Kredite verschlechtert sich. Es kommt zu Kapitalabzug aus den betroffenen Ländern. Weltweit geraten Investitionen ins Stocken, und die Produktions- und Beschäftigungslage verschlechtert sich. Allerdings zeigt der Blick auf die weltweite Geldmengenentwicklung – die ja letztlich das Güterpreisniveau (mit-)bestimmt -, dass der „Ausverkauf“ auf den Rohstoffmärkten mittlerweile die Preise auf ein außergewöhnlich niedriges Niveau gedrückt hat. Das heißt zwar nicht, dass die Preise nicht noch weiter nachgeben könnten. Aber es deutet zumindest an, dass die Rohstoffpreise mittlerweile „sehr billig“ geworden sind und früher oder später wieder ansteigen sollten. Das sollte nicht nur für die Energiepreise, sondern auch insbesondere für die Basis- und Edelmetalle gelten.
Bild: pixabay