Bei der UN-Klimakonferenz in Belém sind in diesem Jahr mindestens 1.602 Lobbyisten aus Öl-, Gas- und Kohleindustrie offiziell akkreditiert – so viele wie nie zuvor. Die Zahl übersteigt sogar die kombinierten Delegationen der am stärksten klimabetroffenen Staaten. Für Umweltorganisationen ist das ein alarmierendes Zeichen, doch die Zahlen erzählen zwei Geschichten zugleich.
Die massive Präsenz fossiler Industrien wirft Fragen zur Glaubwürdigkeit globaler Klimaverhandlungen auf. Wenn hunderte Lobbyisten teils über Regierungsdelegationen Zugang erhalten, signalisiert das: Regulierungsprozesse könnten langsamer werden, Klimaziele könnten verwässert werden und politische Unsicherheiten nehmen zu. Regulatorische Risiken blieben dann hoch, besonders für energieintensive Immobilien, Infrastruktur und Industrien, die auf stabile politische Leitplanken angewiesen sind. Der Übergang zu erneuerbaren Energien wird dadurch nicht verhindert, aber möglicherweise verzögert und Verzögerung ist selbst ein Risiko.
Die Zahlen zeigen aber auch eine andere Realität. Fossile Energiekonzerne verfügen 2025 immer noch über enorme wirtschaftliche, geopolitische und finanzielle Macht: Sie sichern die Energieversorgung, kontrollieren zentrale Teile globaler Produktionsketten und bleiben für viele Staaten kurzfristig unverzichtbar. Ihre starke Präsenz auf dem Klimagipfel ist daher nicht nur Einflussnahme, sie spiegelt die weltweite Abhängigkeit wider. Und auch das hat Folgen: Für den Übergang zur Netto-Null wird zunehmend deutlich, dass fossile Player Teil der Verhandlungstische bleiben und keineswegs außen vor.
Die COP30 zeigt also eher Machtbalance statt klare Trendwende. Die Klimapolitik befindet sich im Spannungsfeld zwischen ambitionierten Transformationszielen und realwirtschaftlicher Abhängigkeit. Energie- und Klimastrategien bleiben ein Risikofaktor, geben aber auch ein Feld für neue Chancen. Wer investiert, muss künftig beide Realitäten einpreisen: Fortschritt und Beharrlichkeit.
SK
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